Montag, 16. März 2009

"Das Versagen der Lehrer an den Schülern"

Nach dem Attentat von Winnenden kann man Schule nicht mehr weiter so betreiben wie zuvor. Es reicht nicht mehr aus, nur auf einzelne, wahnsinnig gewordene Schüler zu blicken und bei ihnen irgendeine, wie auch immer geartete Schuld zu suchen. Man muss den Blick auf das gesamte System richten. Haben die Schüler das Gefühl, sich in einem "menschlichen" Sytem zu befinden? Wie kann nur der Hass so gewaltig werden? Wenn es nur an den Videos und Computerspielen läge, warum aber wählt man sich immer wieder die eigene Schule als Ziel?

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Welt online

Von Birgitta vom Lehn 16. März 2009, 12:48 Uhr

Notenstress, Leistungskontrollen und zu frühe Auslese helfen den Schülern nicht und verhindern stattdessen den Lernerfolg, sagt der renommierte Schulexperte Prof. Kurt Singer. Seit Jahren engagiert er sich für eine "humane Schule", jetzt erschien sein neues Buch "Die Schulkatastrophe". WELT ONLINE sprach mit ihm.
Foto: pa

In Deutschland leiden zwei Millionen Kinder unter der Angst, bloßgestellt zu werden und zu versagen

WELT ONLINE: Sie schildern die Schule als Höhle des Löwen: Kinder werden vorschriftsmäßig gekränkt und Lehrer gehindert, Lernhelfer zu sein. Ist das nicht übertrieben?

Professor Kurt Singer: Ich sehe die Schule aus der Sicht der Kinder, und da ist sie in der Tat für viele Schüler katastrophal. Ich finde es empörend, dass zum Beispiel rund 250.000 jährlich „sitzen gelassen“ werden. Statt von Lehrern Hilfe zu erhalten, lässt man sie „durchfallen“, obwohl sie sich besser weiterentwickeln könnten, wenn Lehrer sie in die nächste Klasse mitnähmen. Die mitgenommenen Schüler lernen nämlich, wie Untersuchungen und Erfahrungen zeigen, in den folgenden Jahren besser als jene, die die Klasse wiederholen. Das Sitzenbleiber-Elend ist nicht nur für die Betroffenen schlimm, sondern auch für die anderen Kinder. Denn sie erleben ein Angst machendes Lernklima.

WELT ONLINE: Man spricht auch von Schulangst.

Singer: Ja, Angst ist so selbstverständlich mit der Schule verbunden, dass es dafür den Begriff „Schulangst“ gibt. Dabei ist nichts dem Lernen abträglicher als Angst; denn sie macht dumm, sie blockiert das Denken. In Deutschland haben etwa zwei Millionen Kinder Angst vor der Schule, das zeigen Studien. Es ist die Angst, aufgerufen, abgefragt, bloßgestellt, überfallartig abgeprüft zu werden und Misserfolg zu erleiden. Aber Kinder brauchen Mut statt Angst. Lehrer ermutigen Kinder, wenn sie diese durch einen individualisierten Unterricht Lernfortschritt erleben lassen.

WELT ONLINE: Wenn Lehrer für Schulangst verantwortlich sind, was läuft dann falsch in der Lehrerausbildung?

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