Montag, 18. Februar 2008

Moderne Kinder

Antivirus

Heutzutage hört man nur noch selten so einfache Ausdrücke wie : „Ich bin krank.“ , „Ich habe Fieber“ oder „Ich habe eine Erkältung.“ Man spricht vielmehr davon, dass man sich einen Bazillus oder Virus eingefangen habe oder einen grippalen Infekt habe. Die Dinge werden viel wissenschaftlicher ausgedrückt . Die alte Art des Ausdrucks wirkt daneben fast ein wenig blass und bescheiden. Nun leidet ja bekanntlich die Computerwelt auch unter Krankheiten und es kann sich ein Computer auch schon mit Viren und Würmern anstecken. Die Medizin dagegen sind gewisse Antiviren-Programme. Scheinbar hören auch die Erstklässler schon von diesen Sorgen, die die Erwachsenen bewegen, nur verstehen sie natürlich nicht so recht, um was es sich handelt:
Ein Mädchen war einige Tage nicht in der Schule. Als es wiederkommt, fragt der Lehrer: „Warum hast du denn gefehlt?“ – „Ich weiß es nicht, aber es steht in der Entschuldigung!“ „Vielleicht kannst du es mir doch selber erzählen?“ Das Mädchen zögert, druckst etwas herum und sagt schließlich: „Ich glaube ... ich hatte... Antivirus.

Global denkende Erstklässler

Die ersten Zählübungen

Zur Vorbereitung des Rechnens in der ersten Klasse üben wir intensiv das Zählen. Das Zählen wiederum soll mit dem ganzen Organismus in Verbindung stehen, da das Rechnen ja zunächst weniger eine Kopftätigkeit ist, sondern mehr mit den Gliedmaßen zu tun hat.

Eine wichtige Übung kann sein, dass man den Kindern den Auftrag gibt z.B. 11 Schritte zu gehen und dabei laut zu zählen. Wir bilden also einen großen Kreis und Kind für Kind schreitet in unserer Mitte zählend dahin: zarte Schritte, zarte Stimme; stampfende Schritte, kräftige Stimme; Riesenschritte, die Stimme hört man noch zwei Räume weiter usw.

Mit einem Mal kommt ein Mädchen an die Reihe und spricht: „One, two, three, four ....“- Die Schule hat noch nicht lange begonnen! Es gab noch keinen Englisch-Unterricht. Meldet sich gleich ein Junge und macht es nach! –Da wird ein anderer Junge ganz unruhig, meldet sich ungestüm, und noch bevor er aufgerufen wird, platzt es aus ihm heraus: „Dann zähle ich auf italienisch!“ Gesagt, getan.

Buchstabeneinführung und Hygiene

"Nasen können recht gut riechen"

Rudolf Steiner gibt den Waldorflehrern die Anregung, bei der Buchstabeneinführung auch gelegentlich ein ganzes Wort vor die Kinder hinzustellen, z.B. das Wort „BAD“. Anschließend kann man dann die einzelnen Buchstaben aus dem Wort herausholen und sie bildhaft erarbeiten. Er begründet die Wahl des Wortes BAD damit, dass es gut sei solche Beispiele zu wählen, die die Kinder an Fragen der Sauberkeit erinnerten. Durchaus soll man dann mit der Klasse auch Gespräche über das Waschen, Haarekämmen, Zähneputzen usw. führen.

Eines Morgens stellte ich der Klasse die Frage, wer sich denn heute morgen die Zähne geputzt habe. Dem voran stellte ich noch, dass man doch ganz ehrlich sein möge und dass die Sache ganz unter uns bliebe. Es meldete sich zu meiner Überraschung mehr als ein Drittel der Klasse!

Ein Mädchen meldete sich anschließend mit verschmitztem Lächeln und meinte, dass es die Zahnbürste immer nur nass manche, damit die Mutter nicht merke, dass es die Zähne nicht geputzt habe.

Eindringlich appellierte ich an die Kinder, doch von jetzt an gut auf das Zähneputzen zu achten. Den Appell wiederholte ich dann noch einmal. Aber direkt habe ich vor der ganzen Klasse so schnell nicht wieder nachgefragt, denn sicher hätte mancher Schüler, um mich nicht zu enttäuschen lieber geflunkert. Besser schien es mir, nur einzelne noch einmal anzusprechen.

Natürlich erweitert man das Unterrichtsgespräch auch auf andere Fragen des Umgangs miteinander: Manche Kinder sind ja sehr neugierig; weit verbreitet ist auch das Verpetzen anderer Kinder oder die damit verbundene Wichtigtuerei.

Gut ist es dann, wenn man die Dinge nicht zu direkt anspricht, sondern allgemein immer wieder auf solche Dinge eingeht und vielleicht sogar mit einer Prise Humor würzt.

Als wir nun das „N“ kennenlernten, haben wir es mit der Form der Nase in Verbindung gebracht und dabei ist folgender Spruch entstanden und immer wieder gemeinsam ge- und besprochen worden:

Nasen können recht gut riechen,
Nasen müssen manchmal niesen,
dabei wird die Nase nass.
Nur, steck deine Nase nie zu weit
In anderer Menschen Angelegenheit

Samstag, 16. Februar 2008

Pisa - Verwirrung

Was können deutsche Schüler ?

Immer wieder liest man von dem relativ schlechten Abschneiden deutscher Schüler bei den Pisa- Untersuchungen o. ä.
Dann hört man die ständigen Klagen von Unternehmen, die z.B. Lehrlinge einstellen. Vielleicht werden demnächst die Grundschullehrer klagen, dass die Erstklässler bei der Einschulung noch nicht schreiben und rechnen können.
Klagen gehört in Deutschland zum Geschäft.

Dem gegenüber steht die Tatsache, dass die Zahl der Patentanmeldungen in Deutschland nach wie vor international spitzenmäßig ist. Auch die gewaltigen Exporte deutscher Produkte weisen auf großartige Leistungen deutscher Arbeiter hin. Wobei man wissen muss, dass die deutschen Export-Waren überwiegend qualitativ hochwertige Produkte sind und kaum Massenwaren oder Rohstoffe.

Auch die Leistungen deutscher Kultur und Kunst haben nach wie vor in der Welt ein hohes Ansehen.

In Wirklichkeit können wir stolz auf unser Pisa-Ergebnis sein. Deutsche Schüler sind anders. Man kann sie nicht mehr zu sturem Lernen zwingen. Sie wollen lebendiges Lernen, wollen Kreativität und umfasssendes Bewusstsein entwickeln. Das wirkt sich zunächst bei ihren Leistungen nicht unbedingt positiv aus. Aber auf lange Sicht bringen sie so die Kultur voran. Nur so können sie später die Dinge entwicklen, die die Welt in Zukunft braucht.

Die Qualitäten, die unsere Schüler haben, die kann man nicht mit den Methoden messen, die bei diesen Untersuchungen angewandt werden. Dafür braucht man neben einem Fragebogen auch noch ein Herz.

Samstag, 9. Februar 2008

Das Behandeln der Klasse als Chor

Methodische Überlegungen

„Solche Sachen haben eine gewisse Bedeutung, dass ich sage: „Derjenige, der in der mittleren Bankreihe an der linken Ecke sitzt soll fortfahren!“ „Der einzige, der in der Ecke sitzt, soll fortfahren!“ Solche Dinge sollte man machen, wo sie aufpassen müssen, wo man di Kinder dazu bringt immer mitzutun. Das zu viele Chorsprechen würde die Lässigkeit fördern.“ Aus: „Konferenzen I“ – 14.6.20 –S.141

Rudolf Steiner fiel auf, dass ein Klassenlehrer seine Klasse vieles im Chor sprechen ließ, was gewisse Folgen für die Entwicklung der Klasse hatte. Man sollte darauf achten, dass auch der einzelne Schüler jeweils die Sache vorspreche. Daran anschließend gab er die oben zitierte Anregung.

Man kann sie in vielfältiger Weise anwenden und wird beobachten, dass es sehr erweckend und anregend auf die Klasse wirkt. Jedes Kind überlegt plötzlich, wenn der Lehrer eine solche Aussage macht, ob es selbst gemeint sei oder wer überhaupt gemeint sei. Nennt man einfach den Namen des Kindes, dann wissen alle gleich, um wen es sich handelt, man fühlt sich nicht mehr angesprochen und schaltet ab. Aber durch diese Ansprache kommt gleich Neugierde auf: „Wer sitzt denn da?“ – „Bin ich gar gemeint?“ - „Welche Ecke ist gemeint?“ - „Wo ist nun wieder links und wo rechts?“.

In der ersten Klasse kann man auch z.B. beim Hinstellen sagen: „Die Kinder der rechten Tischseite in der Wandreihe mögen bitte aufstehen.“ Danach: „Die Kinder an den ersten Tischen.“ Nun wird in der Klasse durch die stehenden Kinder eine Form entstanden sein. Da man ja auch die Buchstaben lernt, wird schnell erkannt: „Das ähnelt einem L.“ Hinfort kann man allein das Ritual des Aufstehens oder Hinsetzens aus dem gewohnten Trott herauslösen und mit solchen kleinen Formerlebnissen würzen.

Für diese Art des Ansprechens der Kinder kann man auch Bekleidungs – oder andere Körpermerkmale hinzuziehen. Es kann folgende Situation eintreten: Ein Mädchen hat sich nach hinten umgedreht und schwatzt; nun sagt man: „Das Mädchen mit den blonden Haaren und dem Pferdeschwanz, der mich gerade so hübsch anguckt, sieht gar nicht, was ich da an die Tafel schreibe.“ – Die Klasse versteht sehr gut den Humor, der in einer solchen Ausdrucksweise liegt.

Oder man sagt: „Der Junge mit dem roten T-Shirt in der Fensterreihe, dessen Vorname mit „L“ beginnt, ist jetzt dran!“

Auch im Fremdsprachenunterricht wirkt eine solche Methode sehr belebend. Man übt die nötigen Elemente: Farben, Bekleidung, rechts-links, Raumorientierung, Ordnungszahlen usw. ausführlich und kann dann daraus auch direkt ein Ratespiel entwickeln. „Wer findet nach einer entsprechenden Personenbeschreibung heraus, wer gemeint ist?“ Auch hier gibt es mannigfaltige Möglichkeiten und wahrscheinlich praktizieren viele dieses System schon mehr oder weniger.

Sicher gibt es noch weitere Möglichkeiten, die Anregung Rudolf Steiners phantasievoll umzusetzen. Viel Freude dabei dem Lehrer oder der Lehrerin und der Klasse.