„Solche Sachen haben eine gewisse Bedeutung, dass ich sage: „Derjenige, der in der mittleren Bankreihe an der linken Ecke sitzt soll fortfahren!“ „Der einzige, der in der Ecke sitzt, soll fortfahren!“ Solche Dinge sollte man machen, wo sie aufpassen müssen, wo man di Kinder dazu bringt immer mitzutun. Das zu viele Chorsprechen würde die Lässigkeit fördern.“ Aus: „Konferenzen I“ – 14.6.20 –S.141
Rudolf Steiner fiel auf, dass ein Klassenlehrer seine Klasse vieles im Chor sprechen ließ, was gewisse Folgen für die Entwicklung der Klasse hatte. Man sollte darauf achten, dass auch der einzelne Schüler jeweils die Sache vorspreche. Daran anschließend gab er die oben zitierte Anregung.
Man kann sie in vielfältiger Weise anwenden und wird beobachten, dass es sehr erweckend und anregend auf die Klasse wirkt. Jedes Kind überlegt plötzlich, wenn der Lehrer eine solche Aussage macht, ob es selbst gemeint sei oder wer überhaupt gemeint sei. Nennt man einfach den Namen des Kindes, dann wissen alle gleich, um wen es sich handelt, man fühlt sich nicht mehr angesprochen und schaltet ab. Aber durch diese Ansprache kommt gleich Neugierde auf: „Wer sitzt denn da?“ – „Bin ich gar gemeint?“ - „Welche Ecke ist gemeint?“ - „Wo ist nun wieder links und wo rechts?“.
In der ersten Klasse kann man auch z.B. beim Hinstellen sagen: „Die Kinder der rechten Tischseite in der Wandreihe mögen bitte aufstehen.“ Danach: „Die Kinder an den ersten Tischen.“ Nun wird in der Klasse durch die stehenden Kinder eine Form entstanden sein. Da man ja auch die Buchstaben lernt, wird schnell erkannt: „Das ähnelt einem L.“ Hinfort kann man allein das Ritual des Aufstehens oder Hinsetzens aus dem gewohnten Trott herauslösen und mit solchen kleinen Formerlebnissen würzen.
Für diese Art des Ansprechens der Kinder kann man auch Bekleidungs – oder andere Körpermerkmale hinzuziehen. Es kann folgende Situation eintreten: Ein Mädchen hat sich nach hinten umgedreht und schwatzt; nun sagt man: „Das Mädchen mit den blonden Haaren und dem Pferdeschwanz, der mich gerade so hübsch anguckt, sieht gar nicht, was ich da an die Tafel schreibe.“ – Die Klasse versteht sehr gut den Humor, der in einer solchen Ausdrucksweise liegt.
Oder man sagt: „Der Junge mit dem roten T-Shirt in der Fensterreihe, dessen Vorname mit „L“ beginnt, ist jetzt dran!“
Auch im Fremdsprachenunterricht wirkt eine solche Methode sehr belebend. Man übt die nötigen Elemente: Farben, Bekleidung, rechts-links, Raumorientierung, Ordnungszahlen usw. ausführlich und kann dann daraus auch direkt ein Ratespiel entwickeln. „Wer findet nach einer entsprechenden Personenbeschreibung heraus, wer gemeint ist?“ Auch hier gibt es mannigfaltige Möglichkeiten und wahrscheinlich praktizieren viele dieses System schon mehr oder weniger.
Sicher gibt es noch weitere Möglichkeiten, die Anregung Rudolf Steiners phantasievoll umzusetzen. Viel Freude dabei dem Lehrer oder der Lehrerin und der Klasse.