Sonntag, 29. Juni 2008

aphoristisch

Neue Strukturen

Überall wird von neuen Strukturen geredet.

Es kommt einem so vor, als ob man meint, dass durch einen neuen Fernsehapparat das Programm besser würde.

Der Schlaf

Die Bedeutung des Schlafes und des „Überschlafens“ wird durch immer weitere, neue Forschungsergebnisse gestützt.
Für die Pädagogik sind diese Erkenntnisse von Bedeutung:


Hier einige Auszüge aus der Zeitschrift „Welt der Wunder“ 7/08 -S.28f.:

"Einsam wacht unser Gehirn, der Nachtschwärmer: Die Melodie von „Yesterday“ kam Paul Mac Cartney über Nacht in den Sinn. Robert L. Stevenson ersann „Mr. Jekyll und Mr.Hyde“ über Nacht....Warum? „Weil unser Gehirn im Schlaf Zusammenhänge herstellt, die im Wachzustand übersehen werden“. .... Ohne Träume gibt es keine Kreativität.....


IDEEN BRAUCHEN SCHLAF
...Jetzt kann die Schaltzentrale der Erinnerung in Ruhe arbeiten. Vorstellungen, Gedanken und Ideen können frei assoziiert werden.


OHNE GEDÄCHTNIS KEINE EINFÄLLE
Das Gedächtnis festigt nachts gelerntes Wissen... Die Schlaffforschung weiß: Während der Tiefschlafphase festigt das Gehirn räumliches und Faktenwissen, während der kurzwelligen REM-Phase starke emotionale Erinnerungen. Auch Fähigkeiten (etwa Klavierspielen) werden in dieser Phase verarbeitet und perfektioniert.



Freitag, 27. Juni 2008

Die Haut

Man stellt immer mehr fest, wie sorglos Kinder und Jugendliche mit ihrer Haut umgehen.
Es wird alles mögliche daraufgekritzelt und daraufgeklebt. Die Haut wird wie ein Stück Papier oder Wand behandelt, dabei handelt es sich bei der Haut um eines unserer kostbarsten Organe. Welche Folgen diese Dinge haben, weiß keiner.
Deutlich wird im folgenden Artikel, dass gewisse Wirkungen sich auch erst nach Jahrzehneten einstellen können.


20. Juni 2008
Auszüge aus einem Artikel aus "Die Welt"

Haut ist viel mehr als eine Hülle

Die Haut ist das größte Organ eines Menschen...
"WELT ONLINE: Was bedeutet Modellcharakter?

Asadullah: Wir verstehen die Haut heute nicht einfach nur als eine leblose Wand und Hülle des Körpers, sondern als ein hochaktives immunologisches Organ. Der Verlauf von Hautentzündungen und die Entwicklung von Hauttumoren lassen sich von einer sehr frühen Phase an verfolgen. Damit hoffen wir, grundsätzliches Wissen über die Eigenschaften der Haut zu gewinnen. Hauttumoren könnten, weil sie sich viel besser studieren lassen als Tumoren im Körperinneren, als Modelle für andere Krebsleiden dienen.
....

Asadullah: Was man gar nicht genug betonen kann, ist ein verantwortungsvoller Umgang mit direkter Sonnenbestrahlung. Das gilt insbesondere für Kinder, die bei Sonnenwetter am Badestrand am besten einen leichten Textilschutz tragen oder zumindest ausreichend durch Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor geschützt sein sollten. Denn die Haut hat ein Gedächtnis. Ein Schaden, der ihr in jungen Jahren zugefügt worden ist, kann sich später als Hautkrebs rächen.


WELT ONLINE: Über welche Zeiträume sprechen wir da? Wenn zum Beispiel ein Fünfjähriger zu viel Sonnenstrahlung erhält, wann ist dann mit einem Hautkrebs zu rechnen?

Asadullah: Zunächst einmal gilt auch hier: Die Menge macht das Gift. Es ist wissenschaftlich belegt, dass häufige Sonnenbrände in der Kindheit das Risiko erhöhen, als Erwachsener an Hautkrebs zu erkranken. Das Tückische ist, dass dies 30 bis 40 Jahre später erfolgt. Wir haben bis heute den Mechanismus nicht verstanden, der mit dieser großen zeitlichen Verzögerung zur Erkrankung führt. Auch diese Frage wäre ein Thema für das Deutsche Hautforschungszentrum.


.... WELT ONLINE: Haben Sie auch einen Ratschlag zur Vermeidung von entzündlichen Hauterkrankungen?

Asadullah: Uns ist bis heute nichts bekannt, wie sich die Entstehung von entzündlichen Hauterkrankungen im Vorfeld verhindern lassen könnte. Ich kann hier nur empfehlen, möglichst schnell zum Hautarzt zu geben, sobald eine Veränderung der Haut festgestellt wird.

Das Interview führte Norbert Lossau

Hochbegabung

Auszüge aus einem Artikel in der FAZ, der für viele Diskussionen äußerst hilfreiche Argumente liefern kann:


Vom Recht der Hochbegabten, nicht ständig gefördert zu werden


26. Juni 2008

Der Psychologe Detlev Rost forscht seit dem Ende der achtziger Jahre über Hochbegabung. Im Gespräch erläutert er die dabei gewonnenen Einsichten über den Zusammenhang besonderer Begabung und Persönlichkeitsmerkmalen.


"Hochbegabte, also Menschen mit einem IQ von mindestens 130, sind Einzelgänger, Sonderlinge, hochsensibel und sozial nicht kompatibel.

Das ist absolut dummes Zeug!


Aber eine gängige Ansicht.

Es steht so auch in fast allen Büchern zum Thema drin. Wenn man sich aber weltweit die methodisch guten Studien ansieht, findet man dafür keinen Beleg. Ganz im Gegenteil, es zeigt sich, dass Hochbegabte mindestens genauso gut abschneiden, was Persönlichkeit und soziale Anpassung angeht, wie durchschnittlich Begabte. Manchmal sogar ein bisschen besser.


Woher kommt der verbreitete Glaube, dass Genie und Wahnsinn sehr dicht beieinanderliegen?

Unser Projekt zum Beispiel ist vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft finanziert worden. Allein die siebentausend Kinder herauszusuchen, daran haben sieben Psychologen ein Jahr lang gearbeitet. Da kann man sich vorstellen, was das kostet. Ein normaler Forscher hat gar nicht so viel Geld. Viele Forschungen werden daher in kleinem Rahmen an Institutionen gemacht, in denen viele Hochbegabte sind: Schulen für Hochbegabte, Elternvereinigungen und so weiter. Nehmen wir Letztere: Wer organisiert sich denn in solchen Gruppen? Ich habe noch nie eine Selbsthilfegruppe für das pflegeleichte Sonnenscheinkind gesehen. Dort sind natürlich problematische Kinder überrepräsentiert. Und dann wird von diesen auf die Hochbegabten überhaupt verallgemeinert - das ist der Fehler.


Aber da muss doch mehr dahinterstecken. Woher kommen denn die vielen Geschichten von genialen Schulversagern und begnadeten Nieten?

Ich habe nicht gesagt, dass es nicht auch Hochbegabte gibt, die Probleme haben. Nur, die Probleme kommen bei Hochbegabten nicht seltener und nicht häufiger vor als bei Normalbegabten. Das hat nichts mit der Begabung zu tun, sondern mit anderen Faktoren. Es ist aber doch so: Für Zeitungen und Talkshows sind doch nur die Fälle interessant, in denen ein Kind große Schwierigkeiten hat, gemobbt wird. Wenn da ein ganz normales Kind sitzt, interessiert das doch keinen.


Wie hat sich der Umgang mit dem Thema Hochbegabung verändert, seitdem Sie 1987 Ihre umfangreiche Studie begannen?

Damals musste man sich noch entschuldigen, wenn man zum Thema Hochbegabung forschte, so tabuisiert war das. Heute muss man sich fast entschuldigen, wenn man nicht über Hochbegabung forscht. Als ich das Projekt begann, galt ich als Exotenvogel. Es wurde mir sogar gedroht, meine Autoreifen aufzuschlitzen. Es war allein schon sehr schwer, die Schulen zur Mitarbeit zu gewinnen.


Vor dem Hintergrund Ihrer Erkenntnisse prangern Sie eine "Hochbegabtenhysterie" in Deutschland an.

Ja, heutzutage ist eine Förderhysterie ausgebrochen. Es gibt sehr viele Eltern, die glauben, ihr Kind würde nur noch aus dem Intellekt bestehen. Diese Eltern achten gar nicht mehr auf die anderen Bedürfnisse des Kindes. Das geht natürlich viel zu weit. Ich will damit nicht sagen, dass man nichts für Hochbegabte tun soll. Aber auch hochbegabte Kinder brauchen Freizeit, hochbegabte Jugendliche müssen auch mal rumhängen und mal nicht gefördert werden.


Sie halten also nichts von gesonderten Förderklassen oder Sonderschulen, wo die Hochbegabten unter sich sind?

Nein, insbesondere wenn die Kinder noch jung sind. Hochbegabte müssen lernen, dass sich der Wert eines Menschen nicht an der Intelligenz oder Begabung festmachen lässt, sondern aus ganz vielen anderen Facetten besteht, die genauso wichtig sind. Und das lernen sie, indem sie mit Normalbegabten zusammen sind. Andersherum müssen durchschnittlich Begabte lernen, dass Hochbegabte genauso nette Zeitgenossen sind wie alle anderen auch. Wenn man Hochbegabte frühzeitig herausnimmt, raubt man beiden Gruppen die Gelegenheit, den Umgang miteinander zu lernen. Sonderschulen sind immer Notlösungen, wenn es normale Schulen nicht schaffen, mit der Variabilität hinsichtlich der Begabungen zurechtzukommen.


Ihre Probanden waren zu Beginn ihrer Studie, Ende der achtziger Jahre, in der dritten Schulklasse. Davon sind heute gewiss viele auf dem Sprung oder schon im Berufsleben. Laufen deren Karrieren ihrem Intellekt entsprechend?

Wir haben festgestellt, dass von den Hochbegabten fast alle studieren. Aber von den durchschnittlich Begabten studieren auch eine ganze Reihe. Hochbegabte ziehen ihr Studium indes deutlich zügiger durch. Sie sind schon als Schüler sehr leistungsorientiert - das setzt sich im Studium fort.


...

Wo läuft die Hochbegabtenförderung besser als in Deutschland?

In Finnland zum Beispiel wird über Förderklassen oder Ähnliches erst gar nicht diskutiert. Der Lehrer richtet sich von Beginn an darauf ein, dass die Klasse sehr heterogen ist und dass er individuell differenzieren muss. Ein Lehrer, der zulässt, dass unterschiedliche Lernwege eingeschlagen werden, hat noch keinem geschadet - auch nicht den Hochbegabten.

Ob in Finnland oder in Deutschland: Geht es nicht zu Lasten der sehr guten Schüler, wenn sich der Lehrer häufig mit den schwächsten Klassenkameraden aufhalten muss? Führt das nicht zu zäher Langeweile bei den Hochbegabten, wenn sie stetig unterfordert werden?

Langeweile ist kein Zeichen für Hochbegabung, sondern für schlechten Unterricht. Es gibt in Deutschland ungefähr 380 000 Hochbegabte - meinen Sie, die langweilen sich alle in der Schule? Zu den paar Hochbegabtenschulen, die wir haben, gehen doch nur etwa fünftausend Kinder.


Viele Einzelschicksale zeigen, dass ständige Unterforderung in der Schule in Verhaltensauffälligkeiten münden können. Von dort ist es bis zum kompletten Schulversager nicht mehr weit.

Dieser Mythos hat sich schon so weit herumgesprochen, dass viele Eltern glauben, mein verhaltensschwieriges Kind ist garantiert hochbegabt. Aber es ist ja nicht so, dass der Lehrer langweiligen Unterricht macht und, zack-bumm, das Kind ist verhaltensgestört. Das Wichtigste an der Hochbegabtenförderung ist eine vernünftige Lehrerförderung und -weiterbildung. Damit ist das meiste getan. Wenn der Lehrer einen guten, spannenden Unterricht macht, wird der Hochbegabte auch in seiner normalen Klasse hinreichend gefördert. Ältere Schüler können sich alle weiteren Anregungen sowieso selber holen, die sie brauchen - zum Beispiel über das Internet."

...
Die Fragen stellte Alex Westhoff.



Text: F.A.Z.

Freitag, 20. Juni 2008

Aus dem Überlebenshandbuch

Hausaufgaben
"Es ist interessant, dass es wenig eindeutigere Stellen bei Rudolf Steiner gibt als die, wo er über Hausaufgaben gesprochen hat, und er hat davon abgeraten, Es ist aber trotzdem so, dass gerade die Lehrer, die Steiner so gerne zitieren, wenn es um den Entwurf für Briefpapier für die Schule geht, an Gedächtnisschwund zu leiden scheinen, wenn sie versuchen, die vielen Hausaufgaben für ihre Schüler zu rechtfertigen.
Der Hauptbeweggrund der Waldorflehrer, die Hausaufgaben geben, ist das Zufriedenstellen der Eltern. Die Eltern hatten selber in der Regel eine konventionelle Schulbildung und, obwohl ihre Herzen der Waldorfmethode sehr verbunden sind, werden ihre Köpfe immer noch stark von ihren eigenen Schulerlebnissen beeinflusst. Wenn die Flitterwochen von Kindergarten und Klassen eins bis vier vorbei sind, dann werden sie unruhig, und sehnen sich nach der bequemen, bekannten "Sicherheitsdecke," zusammengeflickt aus Hausaufgaben, Prüfungen und Noten.
Es ist wie bei der Pünktlichkeit: wenn das Kollegium sich darüber einig wäre, Rudolf Steiners Vorschläge zu befolgen und keine Hausaufgaben zu geben, wären die Eltern im großen und ganzen einverstanden. Aber Waldorflehrer haben oft auch eine konventionelle, vielfach intellektuelle Bildung. Wenn sie im Stoff der höheren Klassen unsicher werden, dann greifen sie nach der gleichen Sicherheitsdecke!
Dann ist die Hausaufgabe eine Art Treffpunkt für Eltern und Lehrer?
Ein Treffpunkt, den man erreicht, indem man den Pfad des geringsten Widerstandes einschlägt! Es ist die Antwort des faulen Mannes auf die pädagogischen Bedürfnisse der älteren Schüler."
Quelle: Eugene Schwartz, Überlebenshandbuch für Waldorflehrer – Maroverlag 2006

Donnerstag, 12. Juni 2008

Säuglinge können an Gesichtern die Gefühle ablesen

wissenschaft.de - Eingebautes Alarmsystem


11.06.2008 - Psychologie

Eingebautes Alarmsystem


Schon mit drei Monaten können Babys Furcht in Gesichtern erkennen und auch deren Ursache ausmachen

Furcht im Blick eines Erwachsenen lenkt schon bei Kindern im Alter von drei Monaten die Aufmerksamkeit auf den Gegenstand, den ihr Gegenüber fixiert: Er löst im Gehirn der Kleinen eine viel stärkere Reaktion aus als ein Objekt, das zuvor mit einem neutralen Gesichtsausdruck angeschaut wurde, haben Forscher aus Leipzig und New York nachgewiesen. Damit nutzen Kinder schon sehr viel früher als angenommen sogenannte soziale Referenzen – Hinweise und Signale, die aus dem Verhalten anderer Menschen abgeleitet werden. Bisher hatten Forscher vermutet, diese Fähigkeit entwickle sich nicht vor dem Ende des ersten Lebensjahres.



Normalerweise, schreiben die Wissenschaftler, werden Studien mit kleinen Kindern auf Basis von deren Verhalten ausgewertet. Unerwartetes quittieren die Kleinen beispielsweise damit, dass sie es länger anschauen als etwas, an das sie bereits gewöhnt sind. Dazu ist es jedoch nötig, dass die Kinder sich koordiniert bewegen können – und dazu sind sehr junge Säuglinge noch nicht in der Lage. Aus diesem Grund entschieden sich Höhl und ihre Kollegen für einen anderen Ansatz: Sie maßen mit Hilfe von Elektroden die Hirnströme ihrer jungen Probanden und werteten anschließend aus, wie ausgeprägt bestimmte Signale in den verschiedenen Studiensituationen waren.

Auf einem Monitor wurde den Kindern dazu zum Beispiel ein Gesicht gezeigt, dessen Blick auf einen ihnen unbekannten Gegenstand gerichtet war. In einem Teil der Tests trug das Gesicht dabei einen angstvollen Ausdruck, während es in anderen Versuchen eine völlig neutrale Miene zeigte. Anschließend erschienen nur die zuvor gesehenen Gegenstände ohne das Gesicht auf dem Display. In den Hirnstrommessungen fand sich der Unterschied zwischen diesen beiden Situationen eindeutig wieder, entdeckten die Forscher. Vor allem in der rechten Hirnhälfte folgten dem furchtsamen Blick sehr viel ausgeprägtere Signale als dem neutralen – die Kinder richteten ihre Aufmerksamkeit also deutlich mehr auf den angstvoll betrachteten Gegenstand als auf den anderen.

Die Kleinen können demnach bereits emotionale Gesichtsausdrücke wahrnehmen, sie interpretieren und zudem nur auf Basis der Blickrichtung eine Verbindung dieser Emotionen mit Objekten herstellen, schließen die Forscher. Im Gehirn ist dafür wohl hauptsächlich die Amygdala verantwortlich, die auch bei Erwachsenen für das Registrieren und die Interpretation von emotionalen Signalen sowie die Kontrolle der Aufmerksamkeit zuständig ist. Aus Sicht der Evolution betrachtet sei es sinnvoll, dass diese Fähigkeit schon so früh angelegt ist – schließlich sei das Erkennen einer Bedrohung überlebenswichtig. Die Wissenschaftler wollen nun testen, ob auch andere Emotionen als Angst solche Reaktionen bei den Kleinen hervorrufen.


Stefanie Höhl (Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig) et al.: PLoS ONE, Bd. 3, Artikel e2389

ddp/wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel

Dienstag, 10. Juni 2008

ADHS: Mancher bleibt ein Leben lang Zappelphilipp

Bitte unbedingt auch den allerletzten Absatz lesen!
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ADHS: Mancher bleibt ein Leben lang Zappelphilipp - Nachrichten Wissenschaft - Medizin - WELT ONLINE

3. Juni 2008
Von Lajos Schöne



Vier bis fünf Prozent aller Kinder leiden am Hyperkinetischen Syndrom, auch ADHS genannt: Sie kaspern und zappeln, sind unkonzentriert, überdreht und flippen schon bei Kleinigkeiten aus. Bei jedem dritten Kind wächst sich das Syndrom nicht aus – Hyperaktive Erwachsene sind oft chaotisch, launisch und sprunghaft.


Hoffmann,Zappel-Philipp
Foto: pa


Jeder dritte Zappelphilipp bleibt ein Zappelphilipp.
Die Hoffnung, das Problem werde sich mit der Zeit schon geben, geht leider nicht immer in Erfüllung. Ein bis zwei Drittel der Betroffenen haben auch noch als Erwachsene mit ADHS zu kämpfen. Sie entwickeln sich zu zerstreuten, sprunghaften und launischen Chaoten.


Im Erwachsenenalter liegt häufig eine Kombination aus Konzentrationsschwäche und gestörter Aufmerksamkeit und Impulsivität vor, berichten die Freiburger Psychiater Alexandra Philipsen, Bernd Heßlinger und Professor Ludger Tebartz van Elst im „Deutschen Ärzteblatt". Dabei seien verschiedene Schweregrade möglich: „Die Störung kann gering ausgeprägt sein und erscheint dann eventuell nur als Variante ‚normaler' Persönlichkeitsmerkmale. Sie kann aber auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensführung führen. Man findet bei ADHS deutlich erhöhte Raten für frühe ungeplante Schwangerschaften, Geschlechtskrankheiten, Verkehrsunfälle, Scheidungen, niedrigere Bildungsabschlüsse, häufige Arbeitsplatzwechsel und Arbeitslosigkeit."


Noch in den 90er-Jahren wurde ADHS als eine Störung bei Kindern und Jugendlichen angesehen. Mittlerweile werden an mehreren universitären Spezialambulanzen betroffene Erwachsene untersucht.
Die mangelhafte Kontrolle seiner Affekte macht dem erwachsenen Zappelphilipp in Beruf und Partnerschaft oft schwer zu schaffen. In den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) zur Diagnose und Behandlung der ADHS im Erwachsenenalter heißt es dazu: „Der Patient (und sein Partner) berichten von andauernder Reizbarkeit, auch aus geringem Anlass, verminderter Frustrationstoleranz und Wutausbrüchen. Gewöhnlich sind die Wutanfälle nur von kurzer Dauer. Eine typische Situation ist die erhöhte Reizbarkeit im Straßenverkehr im Umgang mit anderen Verkehrsteilnehmern. Die mangelhafte Affektkontrolle wirkt sich nachteilig auf Beziehungen zu Mitmenschen aus."
Die Patienten sind an ihrer motorischen Unruhe zu erkennen: Sie trommeln mit den Fingern oder wippen mit den Füßen, laufen nicht langsam, sondern eher schnell. Sie fühlen sich unwohl, wenn sie längere Zeit ruhig sitzen sollen. Häufig haben sie eine schwer lesbare, unter Zeitdruck zunehmend undeutlicher werdende Schrift.


Als sehr störend empfinden es Mitmenschen, dass die Patienten ständig in Gespräche reinplatzen und dazwischenreden. Viele Zappelphilippe können auch als Erwachsene nicht lange bei einer Sache bleiben. Wegen ihrer gestörten Konzentration lesen sie kaum Bücher und überfliegen in der Zeitung oft nur die Überschriften. Sie sind vergesslich und mit ihren Gedanken scheinbar ständig woanders. Typisch ist das häufige Liegenlassen von Gegenständen und Vergessen von Aufträgen. Der erwachsene Zappelphilipp neigt zu ausgeprägter Unordnung und Chaos am Arbeitsplatz und im Haushalt.
Zur Behandlung der erwachsenen ADHS-Patienten empfehlen die Leitlinien der Psychiater eine Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie. Dank einer Psychtherapie können die Patienten eine Struktur in ihr Leben bringen. Als Arzneien kommen für sie sogenannte Stimulanzien infrage.
„Medikament der ersten Wahl ist nach den deutschsprachigen Leitlinien Methylphenidat", schreiben die Freiburger Forscher. „Nach den vorliegenden Metaanalysen ist die Wirksamkeit von Methylphenidat als sehr gut zu bewerten." Allerdings muss es immer genommen werden – nach dem Absetzen treten die Symptome meist wieder auf. . . .


Viele erwachsene Zappelphilippe haben eines gemein: Wenn etwas sie besonders interessiert, können sie sich regelrecht „zusammenreißen“ und sich diesem Problem äußerst intensiv und anhaltend widmen („Hyperfokussierung“). Ihre oft hohe Kreativität befähigt die zerstreuten Chaoten in manchen Berufen zu großen Leistungen. Viele Erwachsene mit ADHS arbeiten als Manager, Vertreter, Verkäufer, Politiker, Moderatoren, Entertainer, Künstler, Wissenschaftler und Erfinder. Mozart soll ebenso ein später Zappelphilipp gewesen sein wie Albert Einstein oder Salvador Dali. US-Psychologen vermuten, dass auch Ex-Präsident Bill Clinton ein erwachsener Zappelphilipp ist.



ADHS: Mancher bleibt ein Leben lang Zappelphilipp - Nachrichten Wissenschaft - Medizin - WELT ONLINE

Freitag, 6. Juni 2008

Mädchen - Mehrheit im Klassenzimmer

Mädchen wirken positiv

In den letzten Jahren ist die Koedukation, der gemeinsame Unterricht von Jungen und Mädchen, immer wieder in die Diskussion gekommen. Manche wollten sie ganz oder teilweise abschaffen, um den Mädchen ein besseres Lernen in den Naturwissenschaften zu ermöglichen. Andere sahen die Jungen als Bildungsverlierer und wollten eine gezielte Förderung von Jungen eventuell in einem speziellen Jungen Unterricht oder einer Jungenschule. Und wieder andere waren aus religiös kulturellen Gründen ohnehin gegen Koedukation.

Jetzt hat ein israelisches Forscherteam die Wirkung von Mädchen auf die Schulleistung aller Schüler im Klassenzimmer untersucht. Das überraschende Ergebnis ihrer unveröffentlichten Studie: Mädchen im Klassenzimmer sind gut für den Schulerfolg aller. Am besten ist sogar, wenn Mädchen die Mehrheit in der Klasse bilden. Eine Mädchen-Mehrheit von 55 Prozent führt insgesamt zu besseren Schulleistungen der ganzen Klasse und zu weniger Gewalt im Klassenzimmer, wie Analia Schlosser und ihr Kollege Victor Lavy bei ihrer Untersuchung von Schulklassen in der Grundschule, der Mittel und Oberstufe feststellten.

Quelle:Erziehungskunst 6/2008