Montag, 18. August 2008

Soll man Mädchen und Knaben ( in der Handarbeit ) getrennt nehmen?

Hier sollen einige weitere Äußerungen Rudolf Steiners im pädagogischen Zusammenhang zu Mädchen und Jungen folgen:



"In diese Zeit fällt dann auch noch dasjenige hinein, was als besonders wichtig gehalten werden muss: der Handarbeitsunterricht; auch zum Teil dasjenige, was man gewöhnlich als den Handfertigkeitsunterricht bezeichnet. Der Handarbeitsunterricht wird gemäß dem Prinzip der Waldorfschule, das ja in einer Klasse Knaben und Mädchen vereinigt, auch für Knaben und Mädchen gleichmäßig getrieben. Und es ist im Handarbeitsunterricht eine große Freude für einen, wenn die Knaben und Mädchen zusammen stricken, häkeln und andere ähnliche Arbeiten machen. Man kann durchaus aus der Schulpraxis heraus die Versicherung geben, obgleich der Knabe etwas anderes hat von dem Stricken als das Mädchen, dass dennoch der Knabe auch viel hat davon, und dass er es vor allen Dingen mit großer Freude tut. Es ist dieses Zusammenarbeiten für die Gesamtentwickelung eines Menschen, wie sich bisher gezeigt hat - ich werde auch das in den Einzelheiten noch besprechen, von einem ganz besonderen Vorteile. In dem Handfertigkeitsunterricht müssen dann wiederum die Mädchen genau dasselbe mitmachen, was die Knaben machen, schwerere Arbeiten, so dass überall auf die Geschicklichkeit, auf das Geschicktwerden des Menschen hingesehen werden kann. ...

Aus: GA 303 Seite 143



"Das einzige, was sich in merkwürdiger Art herausgestellt hat, das ist wir gehen dann in der höchsten Klasse, die wir bis jetzt gebildet hatten, in der die sechzehn , siebzehnjährigen Knaben und Mädchen durcheinander sind, über auch zu Spinnen und Weben, so dass tatsächlich die Menschen ins praktische Leben eingeführt werden, das Leben auch kennenlernen, nun ist das Merkwürdige: spinnen wollen die Knaben nicht, dabei wollen sie nämlich den Mädchen helfen. Die Mädchen sollen spinnen, und die Knaben wollen dann Zuträger sein, sie wollen da eine Art Ritterschaft ausüben. Das ist das einzige, was sich bis jetzt herausgestellt hat, dass beim Spinnen die Knaben die Mädchen bedienen wollen. Aber im übrigen haben wir gesehen, dass die Knaben alle möglichen Handarbeiten machen."


Mädchen und Jungen im gemeinsamen Unterricht

Rudolf Steiner wies schon bei der Begründung der Waldorfschulen auf die Bedeutung des gemeinsamen Unterrichtes von Jungen und Mädchen hin. Damals war ja die Koedukation in den öffentlichen Schulen noch nicht üblich. Ihre Wirkung beschreibt er einmal folgendermaßen:


Man kann da (in den Lehrerkonferenzen) tatsächlich ungeheuer viel lernen. Wir haben in der Waldorfschule gemischte Klassen, Mädchen und Knaben nebeneinander. Nun, ganz abgesehen von dem, was sich die Knaben und Mädchen sagen oder was sie mit ihrem Bewusstsein miteinander austauschen, kann man einen deutlichen Unterschied bemerken zwischen Klassen, in denen mehr Mädchen als Knaben sind, und Klassen, in denen mehr Knaben als Mädchen sind oder in denen Knaben und Mädchen gleich verteilt sind. jahrelang bin ich dem nachgegangen, und immer hat es sich gezeigt: Es ist etwas ganz anderes, eine Klasse, wo mehr Mädchen als Knaben sind.


In einer Klasse, wo mehr Mädchen als Knaben sind, findet man sehr bald, daß man selber als Lehrer verhältnismäßig weniger müde wird, weil die Mädchen leichter auffassen, aber auch mit einem größeren Eifer auffassen als die Knaben. Aber man findet auch zahlreiche andere Unterschiede. Vor allen Dingen findet man sehr bald heraus, dass die Knaben selber in der Leichtigkeit ihrer Auffassung gewinnen, wenn sie in der Minderzahl sind, während die Mädchen verlieren, wenn sie selbst in der Minderzahl sind Und so sind zahlreiche Unterschiede da, die nicht durch das Mitteilen, nicht durch das gegenseitige Behandeln bestehen, sondern die im Imponderablen bleiben, Imponderabilien sind.

(Aus: Rudolf Steiner, Die Kunst des Erziehens , GA 311, S. 122)

Nun folgt dazu eine interessante Meldung aus der Erziehungskunst:

"Mädchen - Mehrheit im Klassenzimmer

In den letzten Jahren ist die Koedukation, der gemeinsame Unterricht von Jungen und Mädchen, immer wieder in die Diskussion gekommen. Manche wollten sie ganz oder teilweise abschaffen, um den Mädchen ein besseres Lernen in den Naturwissenschaften zu ermöglichen. Andere sahen die Jungen als Bildungsverlierer und wollten eine gezielte Förderung von Jungen eventuell in einem speziellen Jungen Unterricht oder einer Jungenschule. Und wieder andere waren aus religiös kulturellen Gründen ohnehin gegen Koedukation.

Jetzt hat ein israelisches Forscherteam die Wirkung von Mädchen auf die Schulleistung aller Schüler im Klassenzimmer untersucht. Das überraschende Ergebnis ihrer unveröffentlichten Studie: Mädchen im Klassenzimmer sind gut für den Schulerfolg aller. Am besten ist sogar, wenn Mädchen die Mehrheit in der Klasse bilden. Eine Mädchen-Mehrheit von 55 Prozent führt insgesamt zu besseren Schulleistungen der ganzen Klasse und zu weniger Gewalt im Klassenzimmer, wie Analia Schlosser und ihr Kollege Victor Lavy bei ihrer Untersuchung von Schulklassen in der Grundschule, der Mittel und Oberstufe feststellten."

Quelle:Erziehungskunst 6/2008

Samstag, 16. August 2008

Mathematik braucht Sachlichkeit

Mathe lernen

Wer kennt nicht die berühmte Torte, mit der den Kindern die Bruchrechnung "schmackhaft" und anschaulich gemacht werden soll. Die Phantasie der Pädagogen in dieser Richtung, um den Mathematikunterricht aufzulockern, ist groß. Aber ist diese Vorgehensweise auch richtig?


Das Rechnen unterscheidet sich doch sehr von anderen Schulfächern. Es lebt von Klarheit und Sachlichkeit. Von daher ist folgende Meldung in der Erziehungskunst durchaus wichtig und ernst zu nehmen:


"Ob Textaufgabe, reales Problem oder praktische Anwendung trockene Mathematik wird Schülern gerne anhand anschaulicher Beispiele näher gebracht. Doch Beispiele helfen nicht unbedingt dabei, mathematische Konzepte zu verinnerlichen und bei der Lösung anderer Aufgaben zu verwenden. Abstrakte Prinzipien dagegen erleichtern es, das Gelernte auch auf neue Situationen zu übertragen, berichten amerikanische Psychologen im Fachblatt "Science". Das Problem bestünde möglicherweise darin, dass ausführliche Informationen die Aufmerksamkeit von der tatsächlichen Mathematik dahinter ablenkten. Zwar raten die Forscher nach ihren Beobachtungen nun nicht, gänzlich auf Beispiele zu verzichten. Doch beim Einführen neuer Konzepte ausschließlich Beispiele zu verwenden, würde die Fähigkeit, sie in anderem Zusammenhang anzuwenden, stark einschränken."



Quelle:Erziehungskunst 6/2008