Sonntag, 31. Oktober 2010

Vor - weihnachtliche Gedanken zu einem un - weihnachtlichen Thema

Waldorfschule und die mangelnden Finanzen

 Als man in Israel das Kommen des Messias erwartete, hatte man die Vorstellung, dass dieser in Reichtum, Pracht und Herrlichkeit in dieser Welt erscheinen würde und als großer König, Feldherr und Befreier das Volk Israel vom Joche seiner vielen Feinde, Besatzer und Unterdrücker erlösen werde.

Die Geburt eines Kindes  unter den armseligsten Verhältnissen gar in einem Stall hatte niemand erwartet. Dies war auch ein wesentlicher Grund dafür, dass Jesus als Messias nicht die nötige Aufmerksamkeit und Anerkennung gerade durch die Führer des Volkes bekam.

Die armen Hirten, die ja selbst macht- und mittellos geschildert werden, erkannten als erste das wahre Wesen und die Bedeutung dieses neugeborenen Kindes.

Zum Glück kamen dann die fremden Könige, die das Kind beschenkten und ihm und seiner Familie so das Überleben für eine gewisse Zeit der allergrößten Not ermöglichten.
Not und Armut waren immer die Begleiter der Urchristen, die die Idee des Christentums in die Welt hinaus trugen.

Scheinbar ist den Vertretern neuer, zukünftiger Ideen immer wieder ein ähnliches Schicksal beschieden.
So  waren es auch die Pioniere der Waldorfschule gewohnt, neue Schulen unter ziemlich unwirtlichen Umständen zu begründen. Viele Wirte verweigerten die Herberge, da sie auf zahlungskräftigere Gäste warteten. Deshalb zog man weiter, bis einem dann irgendeine stallähnliche Herberge zugewiesen wurde.
Viele „arme Hirten“ – die Eltern-, die in ihren Herzen die Bedeutung dieser neuen Pädagogik erkannten, gesellten sich hinzu, schenkten Wolle, Milch, Lämmchen und Mehl, damit für die Gesundheit des Leibes gesorgt wäre und ihre eigenen Kinder recht gut behütet werden und an Leib und Seele gesund in dieser neuen Schule aufwachsen könnten.

Wenn die Kinder in unserer Schule fragen, warum denn das Garagengebäude so hässlich aussehe oder warum im Eurythmieraum immer wieder so viele schwarze Flecken an den Wänden und Decken aufträten und Eimer dastünden, um das Wasser, das durch die Decke tropft aufzufangen, dann kann man ihnen nur als Antwort geben: Wir sind leider eine arme Schule.

Die Änderungen im Geldstrom

Zu Zeiten der Begründung unserer Braunschweiger Schule vor gut 30 Jahren, da war die Lage und das Bewusstsein in der Stadt und im Land so, dass man die eigenen Schulen gut instandhalten konnte und wollte und auch immer wieder Fördergelder für freie Schulen übrig hatte.
Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahrzehnten hat es dann mit sich gebracht, dass dem Staat immer weniger ausreichende Mittel zur Verfügung standen und er dann da zu kürzen begann, wo sich am wenigsten Widerstand zeigte. Das soll auf keinen Fall irgendwie als Kritik verstanden werden, denn im Staat spiegelt sich ja das wieder, was im Bewusstsein vieler Menschen lebt und was den Forderungen der meisten und mächtigeren Bürgergruppen entspricht.
Das hing nun wiederum damit zusammen, dass das Wirtschaftsleben sich immer mehr in den Vordergrund drängte und kulturelle und soziale Gesichtspunkte zweitrangiger geworden sind.

Früher konnte die öffentliche Hand noch genügend Geld dem Wirtschaftkreislauf entnehmen, um z.B. das  Bildungswesen ausreichend zu finanzieren. Heute dominiert das Gewinnstreben als Hauptziel die Wirtschaft, und man hat den Eindruck, dass alles andere dahinter zurücktreten muss. Im internationalen Finanzsystem entziehen sich ungeheuere Geldmassen ihrer Herkunft aus den einzelnen Gesellschaften und ihrer Verantwortung für die einzelnen Länder und Kulturen. Diese Geldmassen kennen nur noch einen Hauptzweck: Das Geld soll aus sich selbst heraus immer noch mehr Geld gebären. Was natürlich nur zum Schein möglich ist und in Wirklichkeit eine gewaltige Unwahrheit ist, denn wenn sich irgendwo Geld anhäuft, dann fehlt es notwendigerweise an einer anderen Stelle. Großer Reichtum hat immer als Schatten auch große Armut.

Die deutsche Gesellschaft ist nach wie vor so organisiert, dass der Staat als gerechter Ausgleicher und Verteiler, von dem Geld, das an der einen Stelle zu viel vorhanden ist, etwas  abzuschöpfen soll, um es dorthin umzuleiten, wo zu wenig Geld hinfließt oder wo eben gar kein Geld vorhanden ist.

Das Bildungswesen z.B. kann nur von dem Geld leben, das anderswo verdient wird und das der Staat ihm dann zuführt.

Die amerikanische Gesellschaft funktioniert dagegen ganz anders. Hier ist der Staat nicht an erster Stelle der große Fürsorger, der die Gelder dorthin leiten soll, wo sie fehlen. In Amerika gilt überwiegend die Devise: Jeder soll selbst für sich sorgen. Wer reich ist, der hat das eben verdient, und wer arm ist ebenso. Man verehrt und bewundert den Reichtum und strebt danach, auch reich zu werden.

Dafür hat sich aber eine unglaubliche Spendenkultur entwickelt. Ungeheuere Geldsummen werden von einzelnen Industriellen oder von Stiftungen dem kulturellen Leben zugeführt, ohne dass der Staat darauf einen Einfluss hat. Überhaupt muss das Bildungswesen überwiegend privat finanziert werden. Als Ausgleich ist die Abgabenbelastung der einzelnen Haushalte viel geringer.

Man könnte dies - grob vereinfacht – so nebeneinanderstellen:

Amerika:         Aus den Gewinnen des Wirtschaftslebens fließt  Geld je nach den individuellen Gesichtspunkten oder Überzeugungen der kleineren und größeren Geldverdiener direkt in den Bildungsbereich.
                       
                        Wirtschaft  --------------- Bildung
                                               Spende

Deutschland:   Der Staat entnimmt dem Wirtschaftsbereich Geld und verteilt es nach seinen politischen Gesichtspunkten im Bildungsbereich.

                        Wirtschaft     ------------   Staat          ------------------      Bildung
                                                Steuer                                        Vollfinanzierung
                                                                                            und Kontrolle

Heutiges Dilemma

Die heutige Dominanz des Gewinnstrebens in der Volkswirtschaft ist auch eine Folge der Globalisierung, die alle Unternehmen zwingt, sich den internationalen Kriterien zu unterwerfen. Die internationalen Standards des Wirtschaftslebens sind aber eigentlich überwiegend die amerikanischen Gesichtspunkte: Wenig Geld für den Staat und  Anhäufung von Geldmengen in privater Hand oder an vergleichbarer Stelle.

Diese Tendenz hat sich auch in Deutschland durchgesetzt. Was hier aber noch fehlt, das ist das Bewusstsein, dass jetzt unbedingt mehr und mehr private Gelder auf freiwilliger Basis zurück in den Bildungsbereich fließen müssen. Für die Bildung ist das in Zukunft eine Frage des Überlebens. Noch immer fordert man bei uns, dass die öffentliche Hand wie früher Schulen und Universitäten fördern müsse. Das kann sie aber längst nicht mehr ausreichend, da sich im Wirtschaftsbereich die Lage so sehr amerikanisiert hat.

Die Rettung für Kultur und Bildungswesen liegt heute nur noch darin, dass immer mehr private Gelder, in diesen Bereich fließen. Es muss Privatmenschen geben, die empfinden können, welche Bedeutung ein gesundes kulturelles Leben für die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft hat, und die ihr Herz und ihren Geldbeutel öffnen, und uneigennützige Unterstützung gewähren. Wer heute noch denkt, dass der Staat allein das Bildungswesen tragen kann, berücksichtigt nicht die Entwicklung der letzten Jahrzehnte.

Für die Waldorfschulen als ärmstes und schwächstes Glied des  kulturellen Lebens gilt dies in gesteigertem Maße. So wie es heute üblich ist, werden sie nicht mehr lange ein menschenwürdiges Leben führen können. Die öffentliche Hand kann und will auch offenbar nicht mehr helfen, weshalb die Unterversorgung schon als normal gilt. Die Elternhäuser können eher weniger als mehr zum Schulhaushalt beitragen. Und es ist sowieso eine unverständliche soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeit, dass man in unserer deutschen Gesellschaft bei dieser gewaltigen privaten Abgabenbelastung der privaten Haushalte auch noch Schulgeld bezahlen muss.

In Zukunft muss mehr Geld aus Stiftungen und aus den Gewinnen des Wirtschaftslebens in möglichst unbürokratischer Weise direkt besonders auch in die Waldorfschulbewegung hineinfließen, damit die Geldarmut nicht zur alltäglichen Sorge der Waldorflehrer wird, und sie stattdessen noch mehr und besser für ihre Schüler sorgen können.

Die Waldorflehrer spielen gerne zu Weihnachten in ihren Weihnachtsspielen die armen Hirten. Aber man vergesse nicht, dass dazu auch noch ein Dreikönigsspiel gehört. Wenn die Geldkönige dieser Welt das arme Waldorfkind nicht auch beschenken, dann ist noch etwas unvollständig geblieben.


Donnerstag, 28. Oktober 2010

Es weiß nicht, was es tut oder tat

Wenn Kinder etwas taten, was der Erwachsenenwelt missfällt - vielleicht haben sie etwas gestohlen oder ein anderes Kind geschlagen -, dann kann es sein, dass sie hinterher diese Tat ableugnen.

Je nach Temperament kann es sein, dass diese Kinder dann wirklich lügen. Es kann aber auch sein, dass sie ihre Tat nicht mehr erinnern.

Man hört das ja auch von Erwachsenen, dass sie schlimme Taten ihres Lebens z.B. im Krieg angeblich nicht mehr erinnern.

Vielleicht kann man sich das so vorstellen, dass der handelnde Mensch selber wie unter einem Schock steht und das Bewusstsein sich ganz herauszieht.

Auch ein Kind hat schon viele Verhaltensnormen verinnerlicht. Begeht es nun eine Tat, die diesen Verhaltensnormen widerspricht, dann denkt es sich unbewusst: Das kann doch gar nicht sein, dass ich eine solche Tat begangen habe. So etwas tun nur andere Kinder. - Es schiebt dann die Schuld auf andere.

Dieses kann man auch bei Erwachsenen erleben, gerade auch wenn sie starke Moralisten sind. Sie halten es für unmöglich, dass sie etwas tun, was sie sonst immer bewusst bei anderen ablehnen. Sie merken es dann gar nicht, wenn sie selber in einen Abgrund hineinschlittern. Bzw. sie können es hinterher nicht mit ihrer eigenen Identität verbinden. So behaupten sie, dass sie nie so etwas getan hätten.

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Anliegen von Kindern

Jedes Anliegen eines Kindes ist bedeutsam.
Auch wenn es nur mit leiser Stimme und nur nebenbei etwas äußert, so sei man immer wachsam, aufgerufen, sich des Anliegens anzunehmen.

Auch das kleinste Kinderanliegen hat mindestens die Bedeutung eines amtlichen Briefes von einer Behörde.
Niemals ein Anliegen als unberechtigt oder unwichtig zurückweisen.

Eine der häufigsten Klagen von Kindern über Eltern oder Lehrer sind:
Er hört mir nicht zu!
Sie macht dann doch nichts!
Das habe ich schon oft gesagt!

Dienstag, 26. Oktober 2010

"Ranzenpost"

...so nennt man das bei uns, wenn man den Schülern schriftliche Informationen für die Eltern mit nach Hause gibt.


Manchmal werden auch Mitteilungen mitgeschickt, die den Schüler selbst betreffen. Kleinere Schüler werden sich da vielleicht nicht viele Gedanken machen, größere schon. Der Schüler wird gern gute Nachrichten zu seinen Eltern bringen. Aber ungern schlechte.


Ahnt ein Schüler, dass in der Ranzenpost eine ihn selbst betreffende Nachricht ist, die für ihn selbst nicht sehr günstig ist, so wird er sie nicht gern an seine Eltern weiterreichen. Er wird sie dann leicht im Ranzen "vergessen"! Vielleicht wird sie auch "verschwinden".



Z.B war bei uns der Zahnarzt (vom Gesundheitsamt), um die Zähne anzusehen. Die schriftlichen Rückmeldungen über kariöse Zähne, mussten offen durch die Schüler an die Eltern  übergeben werden. Welcher Schüler würde das gerne tun?


Solche Nachrichten kann man eigentlich nur per Post an die Familien schicken. Man bringt sonst die Schüler immer wieder in eine denkbar unglückliche Lage.


P.S. 
In diesem Zusammenhang ist auch der Hinweis Rudolf Steiners noch einmal erwähnenswert, dass das damals übliche Zeugnisheft – alle Zeugnisformulare für die kommenden Schuljahre waren in einem Heft bereits vorgedruckt zusammenfasst und wurden Jahr für Jahr ausgefüllt – perforierte Seiten enthalten sollte. Warum? Das Kind sollte die Möglichkeit haben, weniger schmeichelhafte, alte Zeugnisse herauszulösen und verschwinden zu lassen.

Freitag, 22. Oktober 2010

Schule überfordert Eltern

Schule muss so organisiert sein, dass die Lehrenden den ganzen schulischen Teil der Erziehung völlig selbst verantworten. Was als schulisches Bildungsziel definiert wird, muss auch ganz und gar durch den schulischen Lernprozess erarbeitet werden. Alles was z.B. bei einer Prüfung erfragt wird, das wird im Unterrichtsprozess gelernt.
Alles andere ist unwahr und ungesund. Die Verlagerung von Lernprozessen nach außen als Zuarbeit für die Schule fördert Fehlentwicklung im Schulsystem und in der ganzen Bildungslandschaft.

Die erste Stufe der Verlagerung von Schule nach draußen sind die Hausaufgaben. Schon hier beginnen die Krankheitsprozesse des Lernens. (Wenn Sie hier auf dieser Seite, links, in der Sparte "Suchen" das Stichwort "Hausaufgaben" eingeben, werden Sie weitere Artikel zu diesem Thema finden. Oder SIe klicken unter "Spezielle Themen" auf den Punkt "Hausaufgaben").
Hier folgt nun ein Text aus "FOCUS-SCHULE":
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"Bildungsstudie


Mittwoch 08.09.2010, 11:30 · von FOCUS-SCHULE-Autorin Julia Haug


Weil Schulen ihre Aufgaben nicht erfüllen, müssen Mama und Papa Nachhilfelehrer spielen – auf Kosten des Familienlebens. So geht´s nicht, klagen Eltern in einer repräsentativen Umfrage


Viele Eltern müssen häufig als Nachhilfelehrer einspringen


Was Kinder im Klassenzimmer lernen, reicht nicht aus. 94 Prozent der Eltern fühlen sich verpflichtet, sich zu Hause intensiv um die Leistungen ihrer Kinder zu kümmern. Zwei von drei Eltern (67 Prozent) halten das aber gar nicht für ihre Aufgabe. Sie haben das Gefühl, dort einspringen zu müssen, wo die Schule versagt hat. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid im Auftrag von Jako-o, bei der 3000 Eltern von Kindern zwischen drei und 16 Jahren befragt wurden. Das Ärgerliche aus Elternsicht: Der Einsatz für den Schulerfolg der Kinder geht auf Kosten des Familienlebens. 55 Prozent der Eltern beschweren sich über Zeitdruck, 24 Prozent gaben sogar an, dass sie sich im Zusammenhang mit dem Schulbesuch ihrer Kinder oft überfordert fühlen.


Hoher Druck an Grundschulen


Müssen Eltern sich wirklich als Nachhilfelehrer zur Verfügung stellen, um den Schulerfolg ihrer Kinder zu sichern? „In erster Linie sollte das tatsächlich die Schule leisten“, sagt Uta Streit, Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche. „Die Schule setzt aber voraus, dass Kinder zu Hause Hilfestellung erhalten.“

Mehr hier: http://www.focus.de/schule/familie/schule/bildungsstudie-schule-ueberfordert-eltern_aid_549584.html

Samstag, 9. Oktober 2010

Rudolf Steiner: Der Staat hat die Schule ganz in seine Gewalt gebracht

Aus: Aufsätze über die Dreigliederung des sozialen Organismus und zur Zeitlage 1915 - 1921
S. 35
"Die öffentliche Pflege des Geisteslebens in Erziehung und Schule ist in der neueren Zeit immer mehr zur Staatssache geworden. Dass das Schulwesen eine vom Staat zu besorgende Angelegenheit sei, wurzelt gegenwärtig so tief im Bewusstsein der Menschen, dass, wer an diesem Urteil rütteln zu müssen vermeint, als ein weltfremder «Ideologe» angesehen wird. Und doch liegt gerade auf diesem Lebensgebiete etwas vor, das der allerernstesten Erwägung bedarf. Denn diejenigen, die in der angedeuteten Art über «Weltfremdheit» denken, ahnen gar nicht, welch eine weltfremde Sache sie selbst verteidigen. 
Unser Schulwesen trägt ganz besonders die Charakterzüge an sich, die ein Abbild sind der niedergehenden Strömungen im Kulturleben der gegenwärtigen Menschheit. Die neueren Staatsgebilde sind mit ihrer sozialen Struktur den Anforderungen des Lebens nicht gefolgt. Sie zeigen zum Beispiel eine Gestaltung, die den wirtschaftlichen Forderungen der neueren Menschheit nicht genügt. Sie haben diese Rückständigkeit auch dem Schulwesen aufgedruckt, das sie, nachdem sie es den Religionsgemeinschaften entrissen, ganz in Abhängigkeit von sich gebracht haben. 
Die Schule auf allen ihren Stufen bildet die Menschen so aus, wie sie der Staat für die Leistungen braucht, die er für notwendig hält. In den Einrichtungen der Schulen spiegeln sich die Bedürfnisse des Staates. Man redet zwar viel von allgemeiner Menschenbildung und ähnlichem, das man anstreben will; aber der neuere Mensch fühlt sich unbewusst so stark als ein Glied der staatlichen Ordnung, dass er gar nicht bemerkt, wie er von der allgemeinen Menschenbildung redet und eigentlich die Ausbildung zum brauchbaren Staatsdiener meint."

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Interview: Über das Fremdsprachen-Lernen in den ersten Schuljahren

Projektgruppe: Fine Behrens, Sina Liers, Katerina Papamichael
Datum: 27. Juni 2010
Interview mit Dieter Centmayer

Auszug:
"Warum gibt es in den ersten Jahren nur mündlichen Sprachunterricht?

Das kleine Kind lernt seine Muttersprache aus seiner Umgebung heraus, es ahmt nach,was ihm an Sprache entgegen klingt und ergreift sie mit seinem Gefühl. Dieses Prinzip macht sich die Waldorfpädagogik zunutze, indem sie bereits in der ersten Klasse die 6-7jährigen an zwei Fremdsprachen heranführt: Englisch und Französisch.
Gerade in der ersten Klasse sind die Kinder noch offen für alles Neue. Freudig ahmen sie nach, was ihnen vorgesprochen wird und wiederholen im Vertrauen auf den Lehrer ganze Sätze. Statt einzelne Wörter herauszupicken, die sie nicht verstehen, lassen sich die Jungen und Mädchen von Klang und Schönheit der fremden Sprache mitreißen.

Die Kinder sprechen kleine Reime, Dialoge, Fingerspiele, singen Lieder im Chor und tauchen dabei wie selbstverständlich in den Sprachenstrom ein, ohne Wort für Wort zu verstehen. Der Sinn der Sätze erschließt sich durch die Gestik und Mimik des Lehrers,durch das Miterleben im Spiel..."


Hier weiter: http://www.sprachenstadtbraunschweig.eu/centmayer.pdf


Zwölfjährige

Mathias Albert, Autor der neuen Shell-Studie, erklärt im Interview mit SPIEGEL ONLINE - http://www.spiegel.de/schulspiegel/leben/0,1518,717504,00.html :


"Bei Zwölfjährigen ist oft nichts mehr zu retten"

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Auf diese Ansicht stoße ich in letzter Zeit häufiger. Mir selbst war das in schulischem Zusammenhang bisher nicht so deutlich. Allerdings habe ich zu Hause an meinen eigenen Kinder auch erlebt, dass gewisse Erziehungsmöglichkeiten ab diesem Lebensalter nicht mehr gegeben sind. 


Ab jetzt darf man nicht mehr so deutlich und bewusst auf den Willen der Kinder einwirken. Auch vorher sollte man das ja nicht - wenn man die Gesichtspunkte der Bewusstseinsseele kennt - , aber die Kinder folgten den Eltern oder Erziehern meist doch relativ willig. Nun kann sich das umkehren: Man erreicht das Gegenteil, wenn man auf den Handlungswillen der Kinder einwirkt. Auseinandersetzungen und Konfrontationen können nun schädlich wirken. Jetzt muss man unbedingt beginnen, ganz durch sein Beispiel zu wirken und die neuen Lebensschritte der Kinder mit Liebe, Vertrauen, Fürsorge und Zuversicht zu begleiten.

Mittwoch, 6. Oktober 2010

Religiosität

Es wird immer wieder gesagt und festgestellt, dass die Kinder heute immer unreligiöser seien und würden.
In den Familien und in der Gesellschaft ist das religiöse Leben am Verschwinden. Die meisten Kinder wachsen ohne religiöse Pflege ihres Seelenlebens auf. Wobei damit eine stetige, rhythmische Wiederholung von gewissen Handlungen gemeint ist.

Die religiösen Kräfte aber sind in den Kindern noch vorhanden. Sie sind sogar besonders stark. Viele Kinder-Seelen hungern und dürsten nach religiösen Gedanken und Gefühlen. Diese Sehnsüchte verhärten und verkümmern, wenn sie keine Erfüllung finden.

So wird man also in der Schule umso mehr Gewicht darauf legen können, den Kinderseelen da entgegenzukommen. Es muss sehr geschickt angestellt werden, denn alles was früher einmal ging, geht heute nicht mehr. Man muss selbst ganz von Religiosität durchdrungen sein und darf nicht dogmatisch oder belehrend darüber sprechen.

Das Religiös-Geistige wirkt besonders stark, wenn es mit vergleichenden Bildern dargestellt wird; man denke an das Beispiel Rudolf Steiners mit dem Schmetterling, der aus der Puppe schlüpft, als Bild für die Seele, die nach dem Tode aus dem Leibe sich hinauf schwingt. In der Bibel findet man ja auch ständig "Gleichnisse" als Bilder für das Geistige. Diesen Weg beschreiten wir ebenfalls. Wir schaffen selbst die Gleichnis-Bilder, dann kommen sie aus unserer eigenen Seele und die Kinder nehmen sie gerne an.

Montag, 4. Oktober 2010

Erziehung sei Betreuung plus Liebe ...

Man wagt es ja fast nicht auszusprechen, aber Kinder können auch zu Hause gesund aufwachsen. Es gibt noch immer keine Kindergartenpflicht! Es ist wirklich erlaubt, ein Kind ganz ohne Kindergarten aufwachsen zu lassen. Oh, ich weiß, wie viele Gegenargumente nun kommen!


„Die Entwicklung eines Kindes wird umso mehr gelingen, je weniger Sie es fördern...“ meint Ute Raschke in einer Rezension eines neuen Buches -  Ralf Dawirs, Gunther Moll: Die zehn größten Erziehungsirrtümer. (FAZ, 2.10.2010) 


Es heißt dort weiter: “Die über viele Stunden am Tag fehlende Elternliebe ist ihr entscheidendes Argument gegen Krippen: Erziehung, so ihre Gleichung, sei Betreuung plus Liebe. Die institutionelle Betreuung aber sei Erziehung ohne Liebe - denn keine Erzieherin könne (und solle) ein Kind so lieben wie die Eltern.“

Die öffentliche Dogmatik oder Ideologie, will die Kinder immer mehr der Familie entziehen und sie immer weiter der Erziehung durch öffentliche Einrichtungen unterstellen. Ein Heer von Wissenschaftlern und Politikern arbeitet daran, mit immer neuen Argumenten, das Kind aus der Wärme und Geborgenheit der Familie immer früher herauszunehmen.

Auch die Selbstbestimmung der Frauen wird als Waffe eingesetzt, der man sich unterordnen muss. Die Frau soll in den Beruf, sie soll nicht die Kinder aufziehen, das sei minderwertig. Im Beruf muss sie sich den Mechanismen der Arbeitswelt unterwerfen, die Kinder kann man dann gleichzeitig den Mechanismen eine „wissenschaftlichen Erziehung“ unterwerfen. In Kindergärten gibt es dann auch gleich vorschulische Bildung, Früh-Englisch usw.

Aus dem Artikel:

„Erziehung in der Familie hat derzeit keinen guten Leumund. In der öffentlichen Wahrnehmung werden ihre Risiken betont; sie gilt als defizitär und problembehaftet.

... die Tendenz, die Effekte der außerhäuslichen Betreuung kleiner Kinder zu beschönigen, zeigen, dass der Stellenwert der Erziehung innerhalb der Familie im Sinken begriffen ist.

Beinahe schon wird Eltern eingeredet, dass sie ihren Kindern Bildungschancen vorenthielten, wenn sie sie nicht in eine Krippe brächten. Natürlich gibt es Eltern, die es nicht schaffen, ihre Kinder nach bürgerlichen Maßstäben zu erziehen - aber ob, das der "Familienlotse" beim Arbeitsamt besser kann? Natürlich müssen Misshandlungen verhindert werden -, doch eine Minderheit überforderter Eltern darf nicht als Vorwand gelten, die Grundrechte anderer Eltern einzuschränken.

Auf diese Fehlentwicklung in der öffentlichen Debatte machen Ralph Dawirs und Gunther Moll in ihrem neuen EIternratgeber aufmerksam. Für sie sind Eltern die wahren Leistungsträger einer Gesellschaft. Beide Autoren wehren sich gegen den Anspruch des Staates, der bessere Erzieher zu sein. ...

Doch die Autoren wissen aus ihrer Berufspraxis, dass Elternliebe und Urvertrauen die Grundlage aller späteren Entwicklung sind. Beide sind Spezialisten für psychische Störungen: Dawirs ist Professor für Neurobiologie und forscht am Universitätsklinikum Erlangen, Gunther Moll leitet die dortige Kinder- und Jugendpsychiatrie. In ihrem Buch versuchen sie, Prävention - zu betreiben und das Verständnis für die Bedingungen gesunden Aufwachsens zu stärken.

Die über viele Stunden am Tag fehlende Elternliebe ist ihr entscheidendes Argument gegen Krippen: Erziehung, so ihre Gleichung, sei Betreuung plus Liebe. Die institutionelle Betreuung aber sei Erziehung ohne Liebe - denn keine Erzieherin könne (und solle) ein Kind so lieben wie die Eltern....

Mit einer weiteren Mär räumen die Autoren auf: der Idee der Frühförderung gesunder Kinder. Allein der Ausdruck pathologisiere die freie Entwicklung des Menschen. Bis zu ihrem sechsten Geburtstag brauchten Kinder vor allem Zeit, zu spielen, sich zu bewegen und ungestört die Umwelt zu erkunden. "Eine glückliche Kindheit im Ranzen" sei die beste Voraussetzung für eine gelingende Schullaufbahn. Dazu gehören garantiert nicht, so ihre Meinung, Kurse in Englisch, Mathematik oder Naturwissenschaften für unter. Sechsjährige. "Die Entwicklung eines Kindes wird umso mehr gelingen, je weniger sie es methodisch fördern oder gar trainieren." Viele Kinder lernten dadurch lediglich, nur über ihre Leistung wahrgenommen zu werden, fühlten sich überfordert oder als Versager. Die "Starkmacher" Eigenständigkeit und Selbstbewusstsein könnten sich so nur schwer entwickeln. Mittlerweile leidet jedes zehnte Kind an Schulangst, 40 Prozent der Eltern gaben in einer Forsa-Umfraäe an, dass ihre Kinder oft traurig, gereizt, aggressiv oder zurückgezogen seien. Die Autoren führen das darauf zurück, dass sich das Leistungsdenken der Erwachsenenwelt zu sehr der Kindheit bemächtigt habe. ..“