Freitag, 4. Juni 2010

Der Eingriff in die Freiheit

Auch die Waldorfpädagogik ist in gewisser Weise ein Kind dieser Zeit. Das Hineinpressen in ein schulisches Zwangssystem bleibt bei uns eben keinem Kind erspart. Auch bei uns denken Eltern und Lehrer, wenn auch mit großer Leidenschaft und großem Engagement, immerzu daran, wie sie den Kindern zu ihrem Glück verhelfen können. Auch bei uns scheut man nicht davor zurück, leichtere Zwänge auszuüben, auch wenn die Notenpeitsche fehlt, weil man meint, dass das Kind in eine gewisse, sozial übliche Norm gebracht werden muss.

Die Individualisierung ist noch lange nicht voll begriffen und ergriffen. Hier gilt es noch viel radikalere Änderungen durchzuführen. Das Abschaffen der Hausaufgaben wäre nur ein erster, kleiner Schritt.

Dazu folgendes Zitat von Rudolf Steiner:

„Wir sind uns eigentlich gar nicht stark genug bewusst, wie wir in der Menschheitsentwickelung zurückgekommen sind; die Menschen waren einmal so weit, dass sie die Kinder mehr oder weniger wild haben aufwachsen lassen; dass sie sie gar nicht besonders haben unterrichten lassen. Da hat man nicht eingegriffen in die Freiheit des Menschen, so in die Freiheit eingegriffen, wie wir das tun. Wir fangen an mit 6 Jahren in die Freiheit des Menschen einzugreifen, und müssen, was wir eben dadurch verbrechen, was wir an Freiheit zerstören, dadurch wieder ausbessern, dass wir in der richtigen Weise erziehen. Wir müssen uns klar darüber sein, dass das Wie des Unterrichtens von uns verbessert werden muss, weil wir sonst einem furchtbaren Zustand entgegengehen. Die Leute mögen noch so stark feststellen, wie hoch die Kultur gekommen ist, wie wenig Analphabeten es gibt und so weiter — sie sind doch bloß Abdrücke, Automaten von dem, was in der Schule zubereitet worden ist.“