Von Julia Spinola
.....Musik zu machen beansprucht ein kompliziertes Zusammenspiel sehr verschiedener Fähigkeiten. Der Gehörsinn, eine hochentwickelte Feinmotorik, eine sensible Körperwahrnehmung, das sichere Erfassen einer sich sequentiell entfaltenden Gesamtgestalt und die Verarbeitung von Emotionen sind gleichzeitig gefordert. So erstaunt es kaum, dass Wissenschaftler auf ihrer Suche nach der für die Verarbeitung von Musik zuständigen Hirnregion entdeckten, dass ein spezielles „Musikzentrum" überhaupt nicht existiert. Moderne bildgebende Verfahren wie die funktionelle Kernspintomographie zeigen vielmehr, dass Musik die unterschiedlichsten Hirnregionen gleichzeitig aktiviert: Areale, die für die bloße Tonwahrnehmung zuständig sind, ebenso wie Bereiche, die die Motorik steuern oder die räumlich visuelle Wahrnehmung. Neueste Forschungen haben zudem gezeigt, dass an der Verarbeitung von Musik auch das sogenannte Broca-Areal beteiligt ist, eines der beiden Sprachzentren. Ja, es scheint beinahe, als wäre das gesamte Gehirn involviert, wenn wir uns mit Musik beschäftigen.
....Musikalisches Training verbessert die Fähigkeit, reaktionsschnell und sicher komplexe Gestalten zu erfassen, es steigert die Beweglichkeit, wie Altenmüller sagt, die Flüssigkeit des Denkens, das heißt: die Fähigkeit sich rasch von einem Gedanken auf den nächsten einzustellen, und es öffnet Türen in jenem großen, noch weitgehend unerforschten Bereich, der zurzeit unter dem Schlagwort der „emotionalen Kompetenz" subsumiert wird.
So konnten William Forde Thompson und seine Mitarbeiter zeigen, dass musikalisch geschulte Kinder den Ausdruck traurig, fröhlich, ängstlich oder ärgerlich gesprochener Sätze sicherer identifizieren konnten als nichtmusizierende Kinder. Altenmüller beschäftigt sich in seinem laufenden Forschungsprojekt daher mit dem Zusammenhang von Musik und Emotion. Bis er es abgeschlossen haben wird, sollten wir alle kräftig Klavierspielen üben.