„Hegel vergessen, sich an Humboldt erinnern“, so schloss vor vier Jahren eines seiner zwei Dutzend Bücher über Sprachtheorie. Der Sprache sich nicht von der Grammatik, Semantik oder der Zeichentheorie her nähern, sondern vom Sprechen als poetischem Akt, dies war das Grundanliegen des Übersetzers, Dichters, Polemikers und sehr unakademischen Linguistikprofessors der ehemaligen Universität Paris-Vincennes, Henri Meschonnic. Noch im letzten seiner Bücher, „Dans le bois de la langue“ (Im Gehölz der Sprache), vom vergangenen Herbst erinnerte er an die Bedeutung Humboldts für ihn und an dessen Hinweis, Sprache liege „nur in der verbundenen Rede“ und wir hätten es „nur immer mit den wirklich sprechenden Menschen“ zu tun.
Mit dieser Auffassung stand Meschonnic quer zu den in Paris triumphierenden Strukturalisten ... In seinen eigenen Übersetzungen, vorab der Bibel aus dem Hebräischen ins Französische, erhob Meschonnic den Anspruch, implizit zugleich eine andere Sprachtheorie mitzuliefern. In jedem einzelnen Wort ist demnach die ganze Sprache enthalten. Ausgehend von Humboldts Begriff des „Sprachsinns“, lehnte er es ab, dem Wortsinn entlang sich zur Gesamtbedeutung vorzutasten – nicht das Hebräische habe die Bibel hervorgebracht, es sei vielmehr umgekehrt, schrieb er unlängst....