Wenn man die Hauptunterrichte von Klassenlehrern beobachtet, dann fällt auf, dass häufig der erste Teil, der Anfang mit dem rhythmischen Teil, viel Zeit beansprucht. Manchmal gibt es dabei sogar eine Phase, wo einzelne Kinder etwas aus ihrem Privatleben erzählen sollen. Dann folgt bei manchen Sprachübung auf Sprachübung, Lied auf Lied, manchmal wird orchesterreif musiziert, dann vielleicht noch ein Spiel, Sinneswahrnehmungsübungen, Geschicklichkeitstraining usw.
Der Anfang des Unterrichts wird ein Schulkosmos für sich, und man fragt sich, wofür gibt es überhaupt auch noch Eurythmie, Turnen, Musik usw. als spezielle Fachunterrichte. Meint der Klassenlehrer, er müsse alles selbst in die Hand nehmen?
Im Extrem habe ich es schon erlebt, dass ein Klassenlehrer mit einer 7.Klasse 15 - 30 Minuten nur Zungenbrecher sprach, immer der ganze Klassenchor. Und die Schüler machten treu und brav mit; was mich am meisten verwunderte.
Im neuen (internen) Lehrerrundbrief Juli 2010 geht Christoph Wiechert auf die Gliederung des Hauptunterrichtes ein. Er stellt dabei die Frage besonders nach der Länge des rhythmischen Teiles. „Auf jeden Fall darf es nicht zu lange gehen mit dieser Einstimmung, denn der Morgen wird noch vieles bringen... Wie wirkt es auf die Kinder, wenn dieser Teil sich über eine halbe Stunde ausdehnt, oft sogar eine Dreiviertelstunde in Anspruch nimmt?...“
Es folgen nun viele weitere wichtige Fragen und Anregungen, Gewohnheiten des Hauptunterrichtes einmal neu zu bedenken:
„Der ‚Rhythmische Teil’ bekommt Ritualcharakter, wenn zum Beispiel die Schüler der sechsten Klasse am Wochentag ihres Geburtstags ihren Zeugnisspruch vor der Klasse aufsagen müssen. (Wir sehen jetzt ab von der Frage ob diese Gewohnheit psychologisch diesem Alter angemessen ist.) An sich ist die Gewohnheit nicht schlecht. (Auch wenn man nach einem halben Jahr doch hoffen muss, dass der Spruch sich erledigt hat: Der Schüler hat sich weiter entwickelt, über den Spruch hinaus.) Ist dieser Vorgang aber nicht gegriffen, sieht man das Ritual: ein möglichst uninteressierter Schüler sagt seinen Spruch vor einer gelangweilten ‚Masse’ Schüler auf. Der Vorgang bringt niemandem etwas, dauert aber, ab einer gewissen Klassenstärke leicht zehn bis fünfzehn Minuten. Zählt man dazu die übrigen Elemente dieses Morgenteiles, ist schnell kostbarste Zeit verflogen.So wage ich auch zu bezweifeln, ob Flötespielen am Morgen die richtige Aktivität ist. Man schaue einmal einer Gruppe Kinder zu, die am (frühen) Morgen flötet und einer Gruppe Kinder, die das am (späteren) Vormittag im Musikunterricht machen. Ein großer Unterschied ist wahrzunehmen. (Ein Unterschied, den man merkwürdig genug, am Singen nicht so wahrnimmt.) Auch das viel gelobte Stampfen am Morgen, was bewirkt es? Man sieht, dass es die Kinder müde macht statt wach. Stampfen macht müde, nicht wach.Der wirkliche Rhythmus, den wir immer beachten müssen, ist nicht der zwischen Teilen des Hauptunterrichtes, sondern der, der sich an den Kindern und Schülern offenbart. Wann ermüden sie, wann werden sie wach? Das ist der Gesichtspunkt. Wer nach diesem Prinzip unterrichtet, baut die Hälfte der Disziplinschwierigkeiten schon dadurch ab...."