Montag, 25. April 2011

Die schwierigen Kinder - unsere Zukunft

Eine bewegende Textstelle fand ich vor kurzem in einem Vortrag Rudolf Steiners. Sie berührt mich deshalb sehr, weil ich immer wieder nah erlebe, dass man durchaus nicht unbedingt so mit den schwierigen Kindern umgeht. Und die Lehrerausbildung geht auch nicht in die angedeutete Richtung. Man erstrebt viel mehr staatliche Anerkennung und will nun Universität werden:

"Es ist ein vertrocknendes, ein sich zersplitterndes Äußeres, wie ich es in diesen Tagen auseinandergesetzt habe. Aber tief im Innern ist etwas, was erst der wahre Mensch ist, was sich nicht mehr so wie bis ins 15. Jahrhundert herein im Äußeren zum Ausdruck bringt. Bekanntmachen wird man sich immer mehr und mehr müssen damit, daß gerade beim Kinde aus der Art, wie es sich darlebt, aus der Art, wie es denkt und spricht und Gesten macht, nicht voll der innere Mensch äußerlich erschlossen werden kann. Es kommt eben nicht mehr der innere Mensch im Äußeren ganz zum Ausdruck, und am ersten zeigt sich das am Kinde. Das Kind ist vielfach heute schon etwas ganz anderes, als was es äußerlich zum Ausdruck bringt. Man hat sogar schon extreme Fälle. Kinder können äußerlich aussehen wie die ungezogensten Rangen, und in ihnen kann ein so guter Kern stecken, daß sie die wertvollsten Menschen später werden, während man zahlreiche brave Kinder finden kann, die nicht ein bißchen ungezogen sind, die nicht einen Finger in den Mund stecken und auch nicht lange Nasen machen, die auch gut lernen, die vielleicht einmal gute Bankdirektoren werden, gute Schullehrer nach heutigen Begriffen, namentlich auch gute Juristen, die aber halt keine brauchbaren Menschen werden - verzeihen Sie das harte Wort -, weil sie nicht die innere Harmonie mit sich selber und der umgebenden wahren Welt finden. Gerade auf pädagogisch-erzieherischem Gebiete muß zuerst der Grundsatz Platz greifen, daß der Mensch heute innerlich etwas wesentlich anderes ist, als was äußerlich zum Ausdruck kommt. Das aber bedingt, daß man zukünftig die Pädagogen, die Erzieher nicht so bestimmt> wie man sie jetzt bestimmt, sondern nach ganz andern Grundsätzen. Denn das Hineinsehen in ein Inneres, das sich nicht im Äußeren ausdrückt, erfordert ja etwas prophetische Gabe. Also wird es notwendig sein, die Examina für die Pädagogen so einzurichten, daß man diejenigen Menschen, die intuitive, prophetische Gaben haben, besonders gut durchkommen läßt, und diejenigen, die nicht solche intuitive, prophetische Gaben haben, durchplumpsen läßt durchs Examen, so viel sie auch sonst wissen.

Man ist heute weit davon entfernt, auf die prophetischen Gaben der Menschen zu sehen, wenn man sie für den Erzieherberuf erzieht. Aber man ist eben von vielem, das eintreten muß, heute recht weit entfernt. Dennoch wird man sich durch den Zwang der Menschheitsentwickelung dazu entschließen müssen, solchen Grundsätzen allmählich zu huldigen. Allerdings, mancher materialistisch Denkende der heutigen Zeit würde es als einen ganz verrückten Gedanken betrachten, wenn gesagt wird: Die Pädagogen sollen Propheten werden. - Aber es wird nicht immer so bleiben. Die Menschen werden gezwungen werden, gerade solche Dinge anzuerkennen.

Rudolf Steiner GA 177, S107 f