Sonntag, 28. September 2008

Ein Tabu-Wort: Moralität

Menschen klagen über Gewalt, Respektlosigkeit und schlechtes Benehmen bei Kindern und Jugendlichen. Gleichzeitig ist es fast schon verpönt, davon zu sprechen, dass Kinder eine moralische Erziehung brauchen.

Im Grunde ist diese heute nötiger denn je, da Religion oder Tradition als Lebensrahmen und Verhaltensnormierer keine Rolle mehr spielen. Und die Medien leben davon, negative Verhaltensweisen besonders hervorzuheben.

Die Intelligenz-Entwicklung ist bei den heutigen Generationen im Durchschnitt schon sehr weit fortgeschritten. Die Moral-Entwicklung setzt bei jedem Menschenwesen immer wieder bei Null an und muss sich an den Lebenserfahrungen entwicklen und reifen.
In Haus und Schule sollte deshalb die moralische Erziehung mindestens eine ebenso große Rolle spielen, wie die gesamte praktische, künstlerische und intellektuelle Erziehung.


„...Für Rudolf Steiner gipfeln die Aufgaben der Erzieher und der Unterrichtenden in demjenigen, was sie für die moralische Lebenshaltung der ihnen anvertrauten Jugend erreichen können. Auch er ist der Auffassung, dass der Moralunterricht alles durchdringen müsse und dass eine abgesonderte Moralunterweisung viel weniger erreichen könne als die Orientierung aller übrigen Erziehung und alles übrigen Unterrichts auf das Moralische hin. Man könne, so meint er, eine moralische Grunderziehung nur bewirken, wenn man auf das Gefühlsleben ziele, und auf dieses wirkten nicht abstrakte Maximen und Ideen, sondern Bilder. Darum habe man im Unterricht Bilder des menschlichen Seins und Verhaltens, ja, gleichnisweise sogar des außermenschlichen hinzustellen, an denen sich die moralischen Sympathien und Antipathien erregen ließen. Dieses Gefühlsurteil über das Moralische solle in der Zeit zwischen dem Zahnwechsel und der Geschlechtsreife ausgebildet werden. Und dafür sei gerade in diesem Lebensstadium des Kindes die Gesinnung des Pädagogen, die rechte Erziehergesinnung, das Wesentliche in allem pädagogischen Wirken. An dem verehrten Erzieher schaue fühlend das Kind, was gut und böse ist, und für die moralische Kraft, moralische Sicherheit, moralische Haltung des Kindes könne gerade in der Zeit zwischen dessen neuntem und zehnten Geburtstag vom Erzieher unsäglich Wichtiges geleistet werden. Und nach der Geschlechtsreife werde der Wille, der vorher in dem recht gepflegten moralischen Gefühlsurteil gekeimt hat, sich als moralisch stark erweisen. Für die moralische Entwicklung des Kindes habe die Beschäftigung mit der Kunst sowohl der bildende, als auch der dichterisch musikalischen eine große Bedeutung und werde geradezu von der kindlichen Natur verlangt. So reife das Pflichtgefühl, wenn der Tätigkeitsdrang künstlerisch in Freiheit die Materie durchdringe. Das Kind, das noch ungeschickt modelliere oder male, und das Kind, das in das Musikalische und Dichterische eingeführt werde, empfange zu seiner Menschlichkeit eine zweite Gabe, nämlich die moralische, die es erst zum wirklichen Menschen mache. Aber das alles werde nur erreicht, wenn das Künstlerische nicht nur neben der anderen Erziehung und dem anderen Unterricht einhergehe, sondern allem Erziehen und Unterrichten organisch eingegliedert sei, so dass das künstlerische Erleben das Lernen, das Beobachten, das Aneignen von Geschicklichkeit verlange. Werde der junge Mensch so erzogen und unterichtet, so könne er nach der Schulzeit die Empfindung mit sich ins Leben tragen, dass sich in ihm die moralischen Impulse im sozialen Zusammenleben mit den Mitmenschen aus der inneren Kraft seines Menschenwesens zu entfalten vermögen.

Aus: Zeitschrift „Anthroposophie“, Michaeli 2008 – Franz Bischoff, Die Erziehung zur Gerechtigkeit ,Seite 221 f


Donnerstag, 18. September 2008

Elementarer Rechenunterricht

Der elementare Rechenunterricht in der Waldorfschule verwendet viel Zeit darauf, die Kinder mit Kastanien, Eicheln oder Nüssen rechnen zu lassen. Sie zählen und gliedern die Häufchen, dann schieben sie sie wieder zusammen. Das Rechen am praktischen Gegenstand schult die Fähigkeiten, die man später ständig im Rechen braucht. Das Rechen wird zunächst nicht mit dem Kopf, sondern mit den Gliedmaßen und den Sinnen vollzogen. Diese sorgfältige Hinführung ist gewöhnlich von außerordentlich viel Erfolg gekrönt. Wir schreiten dann recht leicht und zügig im Unterricht voran. Rechenschwächen zeigen sich seltener.

Pi mal Daumen



Wer gut Mengen schätzen kann, ist auch besser in Mathematik

Wie gut ein Schüler in Mathematik ist, hängt mit einem intuitiven Gespür für Mengen zusammen, berichten US-Forscher. Wer mit einem Blick und ohne zu zählen zuverlässig beispielsweise die Menge von Punkten auf einem Monitor erfassen kann, zeigt auch in anspruchsvolleren mathematischen Tests bessere Leistungen, haben die Wissenschaftler herausgefunden.

Die Forscher untersuchten 64 Neuntklässler im Alter von 14 Jahren, die normal entwickelt waren und deren mathematische Fähigkeiten mit Standardtests vom Kindergarten bis zur sechsten Klasse beobachtet wurden. Die Schüler nahmen an einem Test teil, bei dem auf einem Monitor blaue und gelbe Punkte verschiedener Größe erschienen. Die Jugendlichen sollten entscheiden, von welcher Farbe mehr Punkte zu sehen waren. Um auszuschließen, dass die Schüler die Punkte zählen, wurden die Farbkleckse nur für den Bruchteil einer Sekunde präsentiert.

Es zeigten sich große Unterschiede in der Genauigkeit der Schätzungen, die sich auch in den mathematischen Leistungen der Jugendlichen widerspiegelten. So schnitten die Jugendlichen, die die Anzahl von Punkten genauer schätzen konnten, auch bei den Mathetests besser ab. Dieser Zusammenhang war unabhängig von der Intelligenz oder der Fähigkeit zum räumlichen Denken, berichten die Forscher, die auch diese Eigenschaften bei den Schülern testeten. ...



ddp/wissenschaft.de – Sonja Römer



Dienstag, 9. September 2008

Schlechtere Lernerfolge für Jungen ?

Es bahnt sich derzeit eine geradezu dramatische Entwicklung an, dass Jungen es immer schwerer haben. In den Klassen sind häufig die "schwierigen " Kinder nur Jungen. Übersehen wird leicht die Problematik der unscheinbaren, unauffälligen, braven, fleißigen Mädchen, die oft so leise ihre Antworten in der Klasse geben, dass man sie nur schwer versteht. Aber sie erfreuen sich einer viel größeren Sympathie bei den Erziehern als laute, kräftige Jungen.
Die dominanten Kulturphänomene wie Fußball und Computerspiele nehmen auch noch hauptsächlich die Jungen in Anspruch und ruinieren ihnen teilweise den ganzen Schulerfolg. Das Pflegen z.B. von sentimentalen Gefühlsempfindungen oder der Aufmerksamkeit auf das eigene äußere Erscheinungsbild bei Mädchen dagegen läuft viel verborgener ab und beeinflusst weniger ihre Leistungen und wird fast als normal angesehen.
Auf Elternabenden wird auch schnell die robustere Umgangsart der Jungen problematisiert. Gleich ist die Rede von "Gewalt". Es wird immer schlimmer! Wenn einer das sagt, dann nickt man zustimmend. Eine andere Meinung zu vertreten ist fast tabu. - Deshalb werde ich das auch hier nicht tun! Sondern ich werde auch sagen: Es wird immer schlimmer! - und meine damit die Urteile der Erwachsenenwelt.
Nun der aktuelle Artikel:

Debatte: "Triumph der Schmetterlinge" - SchulSPIEGEL - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten


Von Ralf Neukirch

... Jungen werden in der Schule benachteiligt und fallen hinter die Mädchen zurück.


....Dabei sind die Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen in der Schule mittlerweile ein großes Problem. Jungen schneiden in fast allen Bereichen schlechter ab. 47 Prozent der Mädchen gehen auf ein Gymnasium, bei den Jungen sind es nur 41 Prozent. Fast ein Drittel der Mädchen macht Abitur oder Fachabitur, aber nur ein knappes Viertel der Jungen. Die sind im Schnitt eine Note schlechter als die Mädchen. Es gibt deutlich mehr Jungen, die nicht einmal einen Hauptschulabschluss schaffen. Männliche Schüler werden deutlich häufiger an eine Sonderschule überwiesen.....

......

Es ist eine Sichtweise, mit der sich die Welt sehr einfach erklären lässt. Nachteile von Mädchen etwa bei Hochschulabschlüssen oder in einigen Berufsfeldern werden "als Indikatoren einer noch immer nicht überwundenen Ungleichheit von Mädchen gesehen", wie die Münchner Bildungssoziologin Heike Diefenbach klagt. Der Bildungsvorsprung von Mädchen gelte dagegen als "erfreuliche Verringerung der sozialen Ungleichheit zwischen den Geschlechtern". In der Wirklichkeit kann von Gleichberechtigung an den Schulen keine Rede sein. Der Hallenser Bildungsforscher Jürgen Budde kam in einem Bericht für das Bundesbildungsministerium zu erstaunlichen Schlüssen. So erhalten Jungen in allen Fächern bei gleicher Kompetenz schlechtere Noten. .....

Auch ohne Studien lässt sich aber ein relativ offenkundiger Grund für die Ungleichbehandlung der Jungen ausmachen. Es ist die Feminisierung des gesamten Schulwesens. Die Zahl der Lehrerinnen ist gestiegen, an vielen Grundschulen sind Lehrer bereits Exoten. Hinzu kommt, dass einige fragwürdige Annahmen der Geschlechterforschung längst den Schulalltag bestimmen.

Dazu gehört die Überzeugung, dass Verhalten, das typisch männlich ist - oder als solches gilt -, schlecht ist. Jede harmlose Schulhofrangelei steht mittlerweile unter Gewaltverdacht und wird unterbunden. Natürlich ist es sinnvoll, kleinen Jungen zu erklären, dass Schlagen keine Lösung ist. Aber muss bei jeder Rauferei gleich der Konfliktlotse angerannt kommen?

Der Unterricht, schreibt der Frankfurter Bildungsforscher Frank Dammasch, sei eher an weibliche Formen des Lernens und Gestaltens angepasst. Wenn sich Jungen wie Jungen verhalten, wird dies dagegen sanktioniert.