Samstag, 22. Mai 2010

Mit Taktgefühl und Güte


Äußerungen Rudolf Steiners in den "Konferenzen" zum Verhältnis zwischen Jungen und Mädchen.

Manche der folgenden Äußerungen Steiners mögen durch die Zeitverhältnisse heute anders zu beurteilen sein (Kino, Schundliteratur), vieles ist noch gültig. Korrigiert werden muss das Urteil, dass "früher alles einfacher" war. Vieles ist heute sogar einfacher und doch gibt es auch heute vieles, wo man pädagogisch handeln sollte.

Bei den Zitaten wird meist leider auch nicht deutlich, wie der Gesprächsverlauf war, auf welche Ereignisse sich Steiners Worte beziehen.

Immer wieder betont Steiner, dass man die "Kinder aufmerksam macht". Dabei meint er, wenn ich es für nötig halte, über Unarten zu sprechen, dass ich dann die Aufmerksamkeit der Kinder erst besonders auf diese Unart richte. Sie finden dann diese Unart interessant und wollen sie erst recht begehen. Kinder handeln zunächst immer eher unbewusst. Je mehr der Erwachsene dann über diese Dinge redet, desto bewusster werden sie, desto mehr reizen sie den jungen Menschen, sie zu tun. Es ist ein Irrtum, dass der Mensch Dinge nicht tut, bloss weil er verstandesmäßig weiß, dass er sie nicht tun soll.

Viel wichtiger als die Beurteilung einzelner Aussagen oder Probleme, erscheint es mir, den Geist zu erspüren, der hinter Rudolf Steiners Äußerungen steckt, und selber zu versuchen, aus diesem Geist heraus - auch in ganz anderen Situationen - zu handeln:

"Es ist ungeheuer wichtig bei dieser Frage, dass man da wirklich erst dann, wenn es gar nicht zu umgehen ist, irgendwie eingreift, während man möglichst wenig die Kinder verführen soll dadurch, dass man jeden solchen Fall mit den Kindern selbst behandelt. Dadurch macht man sie erst ungezogen. Nehmen sie einen solchen Fall, der vorgekommen ist. Ein Mädchen setzt sich einem großen Knaben auf den Schoß: Sie können ganz sicher sein, solange es möglich ist, muss eine solche Sache ignoriert werden. Man muss versuchen, das zu verhindern. Ja nicht so weit gehen, die Kinder auszuzanken. Dann macht man sie sicher aufmerksam. Diese Sache ist außerordentlich vorsichtig zu behandeln. Sonst können sie es gar nicht wagen, Knaben und Mädchen untereinander zu unterrichten, wenn Sie nicht vermeiden, direkt vorzugehen. ...

Es kommt hier wirklich auf ein Taktgefühl an. Es kann zuweilen etwas sein, was scharf bekämpft werden muss. Bei diesem Punkt sollte man viel mehr indirekt als direkt vorgehen, sonst macht man die Kinder aufmerksam." (Konferenzen II, S.48)

"Eine Sache, die natürlich besprochen werden muss - ich meine wirklich bloß darum, dass nicht von dieser Seite jede mögliche Gegnerschaft kommt - , das ist das Benehmen zwischen den Geschlechtern. Ich will es nicht auffassen, als ob es etwas Furchtbares wäre. Es dürfte nur nicht allzu starke Dimensionen annehmen.

Ich nehme es nicht schlimm...Die Mädchen sagen, die Jungen hätten es von Büchern oder vom Kino. Es ist die Hauptsache, dass man sich darum kümmert. Ich will nichts anderes sagen, als dass man die Dinge kennen muss und versuchen muss, in aller Güte damit fertig zu werden.

Ich meine, dass man ein Auge darauf haben soll, damit es nicht zu stark einreißt. Viel machen lässt sich nicht, weil man dadurch Öl ins Feuer gießt. Im Ganzen, werden es nur ein paar sein. Ich würde die Schundliteratur ausmerzen. Vom Kino würde ich die Jungen abbringen, weil es den Geschmack verdirbt, weil es mit der Geschmacksentwicklung zusammenhängt. (Konferenzen II, 91 f)