Die Menschenkunde ist einer der geistig anspruchvollsten Zyklen, die von Steiner gegeben wurden.
Das meditative Verarbeiten von geisteswissenschaftlichen Inhalten wie der Menschenkunde belebt und befruchtet die Waldorfpädagogik. Ohne diesen ständigen lebendigen Zustrom aus der Urquelle muss die Waldorfpädagogik dahinsiechen und vertrocknen.
Auch in der alltäglichen Arbeit eines Waldorfkollegiums kann die Gemeinschaft diesen Impuls pflegen, indem sie Begegnungsräume schafft, die in gewissermaßen allerreinster Weise den Impuls und die Worte der Menschenkunde oder ähnlicher Schriften aufleben lassen. Geist und Seele des Wortes sollte in möglichst reiner, unverfälschter Weise in den anwesenden Menschenseelen aufleben dürfen. Die Wenns und Abers des Alltagsmenschen müssen auch einmal bewusst zurücktreten können. Man sei auch in einer solchen Situation eben nicht der normale Alltagsmensch, sondern schon ein wenig ein erhobener Mensch. Vielleicht ein wenig wie ein Mensch, der in einem Gottesdienst geht oder der ein Heiligtum betritt. Allerdings verharre man dabei nicht in passiver Hingegebenheit, sondern in äußerst aktiver Aufnahmebereitschaft.
Das Wort wird dabei nicht wie ein Gesetz oder Dogma aufgenommen, sondern wie ein lebendiges Wesen. Oder wie etwas, das mich ernährt. Das geisteswissenschaftliche Wort wird im Lehrer zu einer Kraft. Aus dieser Kraft heraus erschafft er die Menschenkunde in sich wie neu. Er wird dann keine Worte mehr aussprechen, die nicht in ihm mit vollstem Leben oder klarer Erkenntnis durchdrungen sind. Er kann auch für seine eigenen Darstellungen die Menschenkunde in völlig neuen Begriffen erschaffen und wird dennoch dabei ihrem Geist treu bleiben.
Er wird das geschriebene Wort mit immer mehr Leben und Seele durchdringen und es in sich wie zu einer Auferstehung führen.
Wenn der Waldorflehrer diesen Weg beschreitet, dann wird davon auch etwas in seinem Unterricht leben. Leben und Seele strömt in seinen Worten, auch im Unterricht.