Dienstag, 21. Oktober 2008

Zweites Tabu-Wort: Autorität

In Zusammenhang mit der moralischen Erziehung ist auch das Thema "Autorität" zu betrachten. Rudolf Steiner sprach immer von der liebevollen Autorität. Eben nur in dieser Verbindung mit der Liebe kann der Begriff für die heutige Zeit und die heutige Kindheit neu gegriffen werden. Und eine neue Anschauung und Praxis in dieser Hinsicht brauchen wir:

"Kein Unterricht verläuft im richtigen Fahrwasser, der nicht beglei­tet ist von einer gewissen Pietät gegen die vorangehende Generation. So gefühls und empfindungsmäßig diese Nuance bleiben muss, so muss sie doch mit allen Mitteln bei den Kindern kultiviert werden: dass das Kind mit Achtung, mit Respekt hinschaut auf das, was die älteren Generationen schon erreicht haben und was es auch durch die Schule erreichen soll. Dieses Hinschauen auf die Kultur der Umwelt mit einer gewissen Achtung, das muss in dem Kinde gleich von Anfang an erregt werden, so dass es wirklich –in denjenigen Menschen, die schon älter geworden sind, gewissermaßen etwas höhere Wesen sieht. Ohne die Erweckung dieses Gefühls kommt man im Unterricht und in der Erziehung nicht vorwärts..."

Aus: Rudolf Steiner,Erziehungskunst – Methodisch-Didaktisches, S. 52 f




"Wenn Sie in der 7. und 8. Klasse nur fertig kriegen, dass die Kinder das Autoritätsgefühl nicht verlieren! Das ist das Allernotwendigste. Das erreicht man aber am besten dadurch, dass man auf die Art, wie die Kinder sind, in höchst vorsichtiger Weise eingeht und sich doch wiederum gar nichts vergibt. Also nicht bei den Kindern wie ein Pedant erscheinen, nicht wie einer, der Lieblingsmeinungen hat. Man muß den Kindern scheinbar nachgeben, in Wirklichkeit aber gar nichts nachgeben. Gerade in dem 7. und 8. Schuljahr kommt es sehr, sehr auf die Art der Behandlung an. Da darf man sich in keiner Minute etwas vergeben, so dass die Kinder nicht hinausgehen und über den Lehrer spotten. Die Kinder müssen immer ehrgeizig darauf sehen wenn ich den Ausdruck brauchen darf, er betrifft nicht einen üblen Ehrgeiz, dass sie ihren Lehrer verteidigen und glücklich sind, daß sie diesen Lehrer haben. Das kann man doch bei den stärksten Rangen entwickeln. Man kann nach und nach das entwickeln, dass die Kinder den Drang haben, ihren Lehrer zu verteidigen, weil das ihr Lehrer ist. ...


Aus: Rudolf Steiner, Konf. I , S. 77 25.9. 1919