Mittwoch, 10. Februar 2010

Epochenheft - künstlerischer gestalten

Es wird manchmal geäußert, dass Rudolf Steiner, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, die Waldorfpädagogik noch einmal zu reformieren, mehr Gewicht auf das Künstlerische gelegt hätte.

Bei der Führung der Epochenhefte sieht man sich auch vor diese Frage gestellt. Will man die Kinder hauptsächlich mit den Hefteinträgen "beschäftigen", sollen Inhalte festgehalten werden oder geht es um die künstlerische Erziehung? Natürlich wird man alle diese Gesichtspunkte mit jeweils unterschiedlicher Gewichtung in Betracht ziehen.

Der eigentlich beabsichtigte Lerneffekt durch die Epochenheft-Einträge ist in Wahrheit denkbar gering. Weder die Inhalte noch die Rechtschreibung befestigen sich allein durch das Eintragen bei den Kindern in wünschenswerter Weise. Befestigt werden sie nur, wenn wieder und wieder das Bewusstsein der Kinder auf diese Dinge gerichtet wird.
Die rein mechanische Schreibtätigkeit hat fast keinen Wert.

Der größte - wenn auch indirekte - Erziehungswert der Epochenheft-Einträge liegt im Künstlerischen. Wenn das Heft ganz und gar aus künstlerischen Gesichtspunkten heraus gestaltet und gearbeitet wird, dann bildet man zugleich die Kinderseele in harmonischer Weise aus.

Es ist nicht nötig, die Unterrichtsinhalte in möglichst umfangreicher Weise zu dokumentieren. Man könnte viel besser den Inhalt eines Tages z.B. in einem kurzen Gedicht oder in einem Bild zusammenfassen.

Behandelt man Athen und Sparta im Geschichtsunterricht der 5.Klasse, so könnte man einfach ganz groß mit Blockbuchstaben oben auf die Seite "Athen" und unten "Sparta" schreiben; aber in der Art, wie man die jeweiligen Buchstaben gestaltet, kann man den Charakter der athenischen Kultur in Kontrast zu der spartanischen zum Ausdruck bringen. Die Kinder könnten selber in der Gestaltung der jeweiligen Namen ihre Phantasie einbringen.

Ein solcher Epochenheft-Eintrag ist nachhaltiger und wirkungsvoller, als seitenlange, inhaltliche Texte über die beiden Stadtstaaten.