Eltern und Lehrer
In der Erziehungskunst vom Januar 2008 war ein Artikel von Karl-Martin Dietz veröffentlicht, in dem dieser die wichtigsten Inhalte seiner bekannten Schrift „Eltern und Lehrer an der Waldorfschule gewissermaßen noch einmal zusammengefasst hat.
Diese Frage hat nach wie vor eine hohe Aktualität. Immer wieder spürt man eine Schwelle zwischen Lehrern und Eltern und manchmal auch keine konstruktive Zusammenarbeit. Natürlich sind damit nicht die Eltern gemeint, die sich treu und anerkennend hinter einen Lehrer stellen, sondern die, die auch einmal Fragen oder Kritik äußern, oder wo es um Probleme mit dem betreffenden Kind geht.
Der Gesichtspunkt, dass die Schule ja alles den Eltern verdankt, droht im Alltag manchmal zweitrangig zu werden. Die Eltern treffen die Entscheidung, ihr Liebstes an unsere Schule zu senden, und Sie müssen ein prinzipielles Verständnis für alles, was in der Schule geschieht entwickeln können.
Auch der Leiter der Pädagogischen Sektion, Christof Wiechert, weist immer wieder auf die Bedeutung einer allerintensivsten Zusammenarbeit mit den Elternhäusern hin. In einem Vortrag äußerte er einmal, dass er es seinen Eltern jederzeit freistellte auch unangemeldet einmal in der Klasse zu hospitieren. Wie man auch immer persönlich dieses beurteilen mag, so ist die Willensrichtung doch eindeutig: Offenheit und Einblick in das Pädagogische.
Viele Menschen – und Lehrer sind ja meist auch noch Menschen - neigen dazu, wenn kritische Fragen angesprochen werden, nicht sachlich den Inhalt oder die zugrundeliegende Intention der Frage zu betrachten, sondern sie ärgern sich über die Frage, danach über den Fragenden und dann kann es sein, dass dieser auch noch innerlich verurteilt wird.
Gibt es Unruhe in der Elternschaft einer Klasse, dann wird sehr schnell versucht, die „Rädelsführer“ zu identifizieren und festzustellen, wie viele es sind. Man hört dann gewöhnlich folgende Redewendungen: „Es sind nur drei Eltern, die sich beschweren“ oder „Schon wiederdie!“ Und gefühlsmäßig hört man dann bei solchen Äußerungen mitschwingen, als hätte man durch die Feststellung den größten Teil des Problems im Griff. Die Arbeit an den Ursachen der Probleme erscheint zweitrangig.
Nach meiner Erfahrung ist an jeder Eltern- oder auch Schüleräußerung ob positiv oder negativ etwas Wahres daran. Ob sie berechtigt ist oder nicht- wobei diese Bewertung natürlich in gewisser Hinsicht in diesem Zusammenhang schon völlig daneben liegt! Auf jeden Fall bekomme ich durch jedwede Äußerung dieser Art gespiegelt, wie der Unterricht oder andere erzieherische Maßnahmen auf andere Menschen wirkt. Wenn ich unbefangen darüber nachdenke, kann ich durch jede jede Äußerung etwas lernen. Dadurch bekomme ich Entwicklungschancen.
Zitate Rudolf Steiners zur Zusammenarbeit von Eltern und Lehrern (aus Dietz, a.a.O., S. 16-40)
Wir brauchen in dieser Schule, wenn wir in der richtigen Weise vorwärtskommen wollen, mehr als in einer anderen ein vertrauensvolles Zusammenwirken mit den Eltern. UnsereLehrer sind durchaus darauf angewiesen, dieses vertrauensvolle Zusammenwirken mit denEltern der Kinder zu finden.
13.1.1921, GA 298, S. 68
Und wenn die Eltern unserer Kinder das einsehen, daß wir ja eigentlich arbeiten wollen, um in den nächsten Jahrzehnten Menschen hinzustellen, die für das immer schwerer werdende Leben tüchtig sind, die aber auch noch Fragen haben können an das Leben, dann stehen die Eltern in der richtigen Weise zu unserer Schule. Denn wir müssen auf diesem Verständnis der Eltern aufbauen. [...] In dem Bewußtsein können unsere Lehrer am besten unterrichten. Wir hier lieben unsere Kinder, wir unterrichten aus Menschenverständnis und Kinderliebe heraus, und um uns herum baut sich auf eine andere Liebe, die Liebe der Eltern zu diesem unserem Schulwesen. In dieser Gemeinschaft nur können wir gegenüber dem, was heute an Unverstand und auch an bedenklicher Sittenentfaltung vorhanden ist, wirklich weiter arbeiten zu einer gedeihlichen Menschenzukunft. [...]
Elternabend, 13.1.1921, GA 298, S. 77-79
Das ist es, was ich heute gerne sagen wollte, meine lieben Freunde, um darauf hinzuweisen, wie wir auf der einen Seite in den Eltern unserer Kinder wirklich herzliche Freundeunserer Schule brauchen. Je mehr wir denken können, daß diese Eltern herzliche Freunde unserer Schule sind, desto besser, desto kraftvoller wird dasjenige geleistet werden können, was wir in dieser Schule leisten wollen.
Ebd., S. 82
Ich möchte Veranlassung geben zu einer möglichst weitgehenden Verständigung der an der Führung und an dem Wirken der Waldorfschule Beteiligten und der Elternschaft unserer Schule. Das ist aus dem Grunde, weil ich tatsächlich diese Verständigung, dieses Zusammenwirken der Lehrer und anderer Persönlichkeiten, die an der Führung der Waldorfschule beteiligt sind, und der Eltern für etwas außerordentlich Notwendiges und Bedeutungsvolles halte.
Elternabend, 9.5.1922, GA 298, S. 122
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