Sonntag, 25. April 2010

Tests, Arbeiten und Zweitklassuntersuchung

Bei allem, was man mit Kindern tut, ist wesentlich, dass es in einem sinnvollen Zusammenhang steht. Hauptziel soll immer das Lernen sein. Schwierig wird es, wenn die Kontrolle des Gelernten in den Vordergrund tritt. Geschieht es mündlich, dann steht der Lehrer in ständigem Kontakt mit der Schülerindividualität, er kann seine Fragen dem Schüler anpassen, seine Reaktion beobachten und er sieht sofort, was möglich ist und was nicht.

Schwieriger wird es schon bei schriftlichen Arbeiten Hier besteht keine persönliche Beziehung mehr. Etwas Anonymes, Abstraktes schiebt sich zwischen Schüler und Lehrer. Es findet kein wirklicher, pädagogischer Prozess mehr statt. Deshalb sind "Arbeiten und Tests bei vielen, gesund empfindenden Schülern auch so gefürchtet.


Der Lehrer soll durch ständige Beobachtung der Kinder immer in etwa wissen, was sie können und was nicht. Er soll auch nicht den Lerneifer der Kinder dadurch anstacheln, dass er Arbeiten vorher ankündigt und sie als subtiles Lern-Druckmittel einsetzt.


Besonders kritisch ist der Einsatz von standardisierten Testverfahren, wie die sog. Zweitklassuntersuchung , in der Waldorfschule zu betrachten. Es scheint ja etwas gut Gemeintes zu sein, dass man sich ein Bild über die Entwicklung der Kinder zu machen versucht. Aber warum macht das der Lehrer nicht ständig? Warum braucht es dazu ein Testverfahren? - so wundert man sich.


Falls ein Klassenlehrer dazu nicht in der Lage ist, so ist zunächst einmal die Frage an seine Ausbildung und Qualifikation zu stellen. Dann gibt es auch noch die Fülle der Fachlehrer, die in einer Klasse unterrichten, mit denen der Klassenlehrer sich beraten und austauschen könnte.


Als weitere Möglichkeit könnte ein anderer Kollege oder eine andere Kollegin für einige Zeit in der Klasse hospitieren oder mit unterrichten, sodass man sich gemeinsam ein Bild von den Schülern machen könnte.

Die letzte Notlösung wäre, dass man die Zweitklassuntersuchung ohne eine formalisierte Vorlage durchführt, so dass der „Prüfende“ sich ganz frei und individuell auf das jeweilige Kind einstellt.


Alles Standardisierte, Normierte oder Intellektuelle ist grundsätzlich in der Waldorfpädagogik zu vermeiden.

Alles, was man in der Schule tut oder neu einführt, muss vor dem Geist der Menschenkunde standhalten können. Die übliche Zweitklassuntersuchung kann das nicht. Sie könnte im Prinzip genau so gut von Lehrern der Regelschule erfunden worden sein und durchgeführt werden – abgesehen vom Inhalt einzelner Fragen...Sie ist ein waldorffremdes Element; das im Widerspruch zu allen menschenkundlichen Erkenntnissen steht.

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Cadi hat einen neuen Kommentar hinterlassen:

"Es ist richtig. Als Lehrer macht man sich staendig ein Bild der Kinder. An unserer Schule ist diese Bewertung ein Standardverfahren. Die Erfahrung des Lehrers spielt dabei keine Rolle. Eine Lehrerin die seit 24 Jahren unterrichtet, und somit viel mehr Erfahrung hat als z.B. die Paedagogin die die Bewertung durchfuehrt, ist davon genauso betroffen wie ein "Neuling." Bei dem Prozess geht man davon aus dass es besser ist eine Bewertung von einer Person zu haben die das Kind nicht kennt, denn so wuerde man ja ein "neutrales," Bild bekommen. Oft bringt man dafuer eine fremde Person von ausserhalb der Schule ein. Bei dem Prozess gibt es viele Aspekte die dabei mit Menschenkunde nichts mehr zu tun haben."