Zeitungsmeldung:
"In Amerika verbieten manche Unternehmen Klatsch und Tratsch. Sie fordern von ihren Mitarbeitern radikale Offenheit. Ein Vorbild für deutsche Unternehmen?"
"In Amerika verbieten manche Unternehmen Klatsch und Tratsch. Sie fordern von ihren Mitarbeitern radikale Offenheit. Ein Vorbild für deutsche Unternehmen?"
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Wie sieht es mit Klatsch und Tratsch in einem Kollegium aus? Es sind nicht die Eltern gemeint, sondern die Kollegen untereinander.
Gibt es die nötige Selbstdisziplin, um jegliche Rederei in Abwesenheit eines Kollegen zu vermeiden? Erkennt man überhaupt, dass man gerade klatscht oder nicht?
Tratscht und klatscht man vielleicht sogar über Schüler?
Gibt es die nötige Selbstdisziplin, um jegliche Rederei in Abwesenheit eines Kollegen zu vermeiden? Erkennt man überhaupt, dass man gerade klatscht oder nicht?
Tratscht und klatscht man vielleicht sogar über Schüler?
In einer selbstverwalteten Schule muss alles offen ausgesprochen werden. Dafür gibt es die Konferenzen. Sieht man etwas Problematisches bei einem Kollegen, so sollte man sich eher die Zunge abbeißen, als dass man es außerhalb der Konferenz auch mit dem besten Freud bespricht. Und hat man nicht den Mut, es in der Konferenz zu sagen, so muss man eben schweigen. Oder natürlich, man bespricht es mit dem Menschen selbst, den es betrifft, und braucht noch mehr Mut und Ehrlichkeit. Das gehört selbstverständlich an die erste Stelle.
Es ist schon sehr ungesund, wenn man von Menschen umgeben ist, von denen man weiß, dass sie, wenn sie einem gegenüber stehen, etwas anderes sagen, als wenn sie mit anderen Kollegen zusammen sind. Man empfindet sich von einer Aura von Unwahrhaftigkeit umgeben.
In einem Kollegium muss jeder wissen, was der andere von ihm hält. Es braucht eine radikale Offenheit. Natürlich muss auch das Positive ausgesprochen werden (nicht schweigend nur vorausgesetzt werden) – aber immer mit großer Ehrlichkeit,und nicht nur aus Höflichkeit.
Vor vielen Jahren, in einer für mich schwierigen Lage in der Zusammenarbeit mit meinem Kollegium, stellte ich am Ende der 8.Klasse einmal eine Art „Vertrauensfrage“. (Es war eigentlich eine Vereinbarung bei uns, dass das Kollegium gegen Ende der achten Klasse über den Klassenlehrer berät und dann neu beschließt, ob es ihm die künftige erste Klasse anvertrauen möchte. - Allerdings wurde eine wirklich ehrliche Beratung in der Praxis meistens vermieden. Wenn nichts Gravierendes vorgefallen war, dann hatte der betroffne Klassenlehrer meistens eine solch einflussreiche Lobby in der Konferenz, dass Widerspruch unmöglich war oder dass die Besprechung so eingefädelt wurde, dass es gar kein wirkliches, freies, offenes Gespräch war. Da ich nun wusste, wie viel Ängstlichkeit es im Umgang miteinander gibt und dass bisher alle diese Gespräche über einen Klassenlehrer mehr als Formalität behandelt wurden, stellte ich selber die Frage an das Kollegium, wie es meine Arbeit einschätze und ob es weiterhin mit mir zusammenarbeiten wolle, und beantragte auch eine ausreichende Gesprächszeit zu diesem Thema, damit der Punkt nicht in Kürze abgehandelt würde und man froh wäre, wenn es schnell zum nächsten Konferenzpunkt weiterginge- man hat ja so viel zu besprechen.)
Nun, wie ging die Sache bei mir aus: Es kamen im Prinzip nur positive und freundliche Urteile. Durch eigenes, kritisches Nachfragen versuchte ich ein wenig Tiefe in das Gespräch zu bringen, es gelang nicht. Man blieb an der fast belanglosen, bürgerlichen Oberfläche. Nach ein paar Jahren war die Zusammenarbeit dann doch gescheitert.
Es ist schon sehr ungesund, wenn man von Menschen umgeben ist, von denen man weiß, dass sie, wenn sie einem gegenüber stehen, etwas anderes sagen, als wenn sie mit anderen Kollegen zusammen sind. Man empfindet sich von einer Aura von Unwahrhaftigkeit umgeben.
In einem Kollegium muss jeder wissen, was der andere von ihm hält. Es braucht eine radikale Offenheit. Natürlich muss auch das Positive ausgesprochen werden (nicht schweigend nur vorausgesetzt werden) – aber immer mit großer Ehrlichkeit,und nicht nur aus Höflichkeit.
Vor vielen Jahren, in einer für mich schwierigen Lage in der Zusammenarbeit mit meinem Kollegium, stellte ich am Ende der 8.Klasse einmal eine Art „Vertrauensfrage“. (Es war eigentlich eine Vereinbarung bei uns, dass das Kollegium gegen Ende der achten Klasse über den Klassenlehrer berät und dann neu beschließt, ob es ihm die künftige erste Klasse anvertrauen möchte. - Allerdings wurde eine wirklich ehrliche Beratung in der Praxis meistens vermieden. Wenn nichts Gravierendes vorgefallen war, dann hatte der betroffne Klassenlehrer meistens eine solch einflussreiche Lobby in der Konferenz, dass Widerspruch unmöglich war oder dass die Besprechung so eingefädelt wurde, dass es gar kein wirkliches, freies, offenes Gespräch war. Da ich nun wusste, wie viel Ängstlichkeit es im Umgang miteinander gibt und dass bisher alle diese Gespräche über einen Klassenlehrer mehr als Formalität behandelt wurden, stellte ich selber die Frage an das Kollegium, wie es meine Arbeit einschätze und ob es weiterhin mit mir zusammenarbeiten wolle, und beantragte auch eine ausreichende Gesprächszeit zu diesem Thema, damit der Punkt nicht in Kürze abgehandelt würde und man froh wäre, wenn es schnell zum nächsten Konferenzpunkt weiterginge- man hat ja so viel zu besprechen.)
Nun, wie ging die Sache bei mir aus: Es kamen im Prinzip nur positive und freundliche Urteile. Durch eigenes, kritisches Nachfragen versuchte ich ein wenig Tiefe in das Gespräch zu bringen, es gelang nicht. Man blieb an der fast belanglosen, bürgerlichen Oberfläche. Nach ein paar Jahren war die Zusammenarbeit dann doch gescheitert.
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Auszug aus einem Artikel
von Anna Loll - FAZ – 18./19.12.2010 S. C3
…Sam Chapman aus Chicago ...: Als er vor einigen Jahren sein Unternehmen Empower Public Relations gründete, setzte er von Anfang auf eine offene Unternehmenskultur. Doch nach wenigen Monaten beobachtete er, dass Mitarbeiter hinter den Türen tuschelten. "Ich stellte fest, dass ich ein Klatsch‑Problem habe!", erinnert sich der Amerikaner. Er sprach mit allen Mitarbeitern und ließ über eine "klatschfreie Zone" abstimmen. Außer zwei Mitarbeitern hoben alle die Hand. Diese beiden feuerte Chapman am nächsten Tag. Später kam heraus, dass sie über ihn tuschelten. Sie wollten ein eigenes Unternehmen starten.
In seinem Unternehmen sieht Chapman die "Non‑gossip‑Regel" als wichtig für seinen Erfolg an. "Niemand ist perfekt. Auch ich klatsche manchmal", sagt er. Aber ich gehe anschließend sofort zu der Person, über die ich geklatscht habe, und sage ihr oder ihm direkt, was ich denke. Das macht bei uns den Unterschied." Seine Mitarbeiter wüssten so immer genau, was er über sie denke. Gutes wie Schlechtes. Es würden sich sogar gezielt Menschen bewerben, weil sie von der Unternehmensregel gehört hätten. Auch Kunden suchten sein Unternehmen deswegen auf. "Sie wissen, dass sie von mir immer die Wahrheit gesagt bekommen", sagt Chapman, der inzwischen ein Buch über eine klatschfreie Zone im Büro geschrieben hat. Leider, griffen nur wenige Unternehmen diese Regel auf. "Vieles wäre leichter und effektiver, wenn die Menschen radikal offen miteinander reden würden anstatt übereinander."