Dienstag, 30. November 2010

"Jahresarbeiten"

Unbedingt bedacht werden müsste einmal der pädagogische Wert der "Jahresarbeiten"; besonders in der 8.Klasse:
Wie viele Schüler bewältigen das gut und wie viele sind damit völlig überfordert, so dass die Eltern einen großen Teil der Leistung erbringen?
Wie sieht es mit den gewählten Themen aus? Sind es im Sinne der Waldorfpädagogik wünschenswerte Themen und werden sie in der wünschenswerten Weise ausgearbeitet und vorgetragen?
Wird nicht oft der Ehrgeiz und der Egoismus der Schüler unterstützt? Sie machen etwas für sich, was sie sich vielleicht schon lange wünschten?
Wieviele Arbeiten werden letztendlich doch in einer ganz kurzen Zeit angefertigt und reifen und entwickeln sich nicht wirklich?

Man blickt auf gute Einzelleistungen, die einen beglücken; aber wie ist es mit der Gesamtheit einer Klasse?

Ist nicht das Klassenspiel eine ausreichende "Jahresarbeit? Dazu noch eine gemeinschaftliche?

Man kennt dann auch gleich die Antworten, die kommen: Es ist wichtig und schön, dass die Kinder einmal eine selbstständige Arbeit durchführen, usw. Wie aber ist das durch die Menschenkunde abgedeckt? Wie ist die Entwicklung der Seelenglieder gegen Ende des zweiten Jahrsiebts? Wie bringt man das alles miteinander in Einklang?

Ich habe noch nie an keiner Schule eine befriedigende Vorstellung der 8.Klass-Arbeiten erlebt.

Im Rundbrief der Pädagogischen Sektion Michaeli 2010 schreibt Christoph Wiechert ("Die pädagogische Praxis der Waldorfschulen") im Anschluss an seine Ausführungen zu den 12.-Klass-Arbeiten:


"Bei diesem Thema kann einem die Frage kommen, was ist die pädagogische Relevanz, was ist die pädagogische Redlichkeit, solche Arbeiten auch an das Ende des achten Schuljahres zu legen? Wie ist das Verhältnis von Lernen zum Event? Welcher pädagogische Gewinn liegt in einer Abschlussarbeit eines Achtklässlers...? Wie ist diese Idee entstanden? Im allgemeinen Sog, früh etwas zu tun, was für später vorgesehen war?
Auch hier sind nicht reflektierte Gewohnheiten entstanden, die der pädagogischen Selbstberatung harren. Sehen wir einen Gewinn, eine Zunahme an Selbstständigkeit, sehen wir wirkliche Originalarbeiten oder ist es Abgeschriebenes aus Wikipedia im Internet?"