Donnerstag, 9. September 2010

Zuspätkommen

Aus den "Konferenzen" mit Rudolf Steiner, GA 300-1, S.158f - vom 23.6. 1920

"Rudolf Steiner: Wie behandeln wir diese Kinder, die zu spät kommen? Ich wurde heute aufgehalten, als ich in die Schule ging. Da gingen drei Schülerinnen. Sie gingen einfach, sie waren nicht betrübt, dass sie zu spät gingen, die gingen sehr gelassen. Die Persönlichkeit, die mit mir ging, sagte: Denen wird es wohl recht sein, wenn sie zu spät kommen?“ Nun wie verhalten wir uns zu den Kindern, die zu spät kommen?

X: Sie eine Viertelstunde früher kommen lassen!

Steiner: Da setzt man sich der Gefahr aus, dass sie nicht kommen. Es muss unter allen Umständen vermieden werden, irgendeine Strafe zu geben, wobei man nachgeben muss. Man darf bei einer Disziplinarischen Maßregel absolut nicht nachzugeben brauchen. Wenn man sagt, ein Kind muss früher kommen, so muss es eingehalten werden, dass man ihm befiehlt, früher zu kommen. Es waren die in der 8 oder 7. Klasse. Da ist man unten durch....

Man darf bei einer Strafe nicht nachgeben, lieber unterlasse man sie.

Das kann unter Umständen auch zum Gegenteil führen: Dann entsteht ein Verein unter den Kindern, sie machen ab, heute bin ich zu spät gekommen, morgen kommst du.... Früher kommen lassen ist nicht so gut, lieber eine Viertelstunde länger dalassen: Das ist etwas, was den Kindern unsympathisch ist.... (Es kommen weitere Ausführungen, aus denen hervorgeht, dass man die Nacharbeitszeit etwa dreimal so lange machen kann wie das Zuspätkommen.)"

Meine Erfahrung ist, dass es in meinen Klassen mit dem Zuspätkommen nicht wirklich von Seiten der Kinder ein Problem gab, sondern dass es bei mir immer Kinder waren, wo es häusliche Probleme gab. Es war dann den Kindern auch nicht angenehm, dass sie zu spät kamen. Viele Kinder haben weite Schulwege. Wurden sie zu spät von den Eltern geweckt, verpassten sie die Bahn oder den Bus, was lange Verspätungen zur Folge hatte. Liegt also keine ausreichende elterliche Fürsorge vor, dann kann man auch von Seiten der Schule nichts erreichen. Man müsste die Eltern in diesem Fall zur Pünktlichkeit erziehen. Bei solchen Kindern hilft es auch nichts, dass man sie länger dableiben lässt.